Im Rahmen ihrer Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) hat die Schweiz einvernehmliche Verfahren gemäß Artikel 25 des OECD-Musterabkommens eingeführt. Seit dem 1. Januar 2022 werden diese Verfahren zudem durch das Bundesgesetz über die Durchführung von internationalen Abkommen im Steuerbereich (StADG) geregelt. Ihr Hauptziel ist die Beseitigung einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung (sogenannte "korrelative" Anpassungen), die häufig im Zusammenhang mit einer Verrechnungspreisanpassung durch eine ausländische Steuerbehörde (sogenannte "primäre" Anpassung) entsteht.

 

Wie in unserem Artikel vom 22. November 2024 zu konzerninternen Transaktionen mit steuerlichen Kaskadeneffekten besprochen, sind bei einer Anpassung durch die Steuerbehörden drei Arten von Steueranpassungen zu erwarten:

  1. Primäre Anpassung: Erneute Festsetzung des steuerpflichtigen Gewinns durch eine Steuerbehörde, häufig nach Prüfungen konzerninterner Transaktionen.
  2. Korrelative Anpassung: Korrektur im Ausland, um die primäre Anpassung auszugleichen und eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.
  3. Sekundäre Anpassung: Anpassung zur Bereinigung von Differenzen zwischen steuerlichen und handelsrechtlichen Abschlüssen. Je nach angewendetem Verfahren (einvernehmliches Verfahren oder nationales Abkommen) können dabei überschüssige Beträge, wie verdeckte Gewinnausschüttungen, beispielsweise durch die schweizerische Verrechnungssteuer besteuert werden.
     

Durch die Klärung der Regeln zur korrelativen Anpassung, die Einführung der nationalen Vereinbarung und die Behandlung der Beseitigung von Doppelbesteuerung mittels einvernehmlicher Verfahren stellt das StADG einen wichtigen Meilenstein in der Entwicklung der internationalen Besteuerung in der Schweiz dar.

 

Interne Vereinbarung (Art. 16 StADG)

Im Rahmen der Modernisierung und Vereinfachung der Schweizer Steuerinstrumente als Reaktion auf die zunehmende Zahl internationaler Steuerstreitigkeiten hat das StADG einen Mechanismus eingeführt, der die Bearbeitung von Doppelbesteuerungsfällen in der Schweiz erleichtert. Dieser Mechanismus ermöglicht es den Steuerbehörden, bestimmte Streitfälle zu lösen, ohne auf das traditionelle Verfahren des einvernehmlichen Verfahrens zurückzugreifen, das bilaterale Verhandlungen zwischen Staaten erfordert.

Dieses Verfahren ermöglicht es den Schweizer Steuerbehörden, offensichtliche Fälle von Doppelbesteuerung einseitig zu lösen, ohne die bilaterale Phase eines einvernehmlichen Verfahrens mit ausländischen Steuerbehörden einleiten zu müssen (die oft langwierig und unsicher ist).

Nach Einreichung eines Antrags auf ein einvernehmliches Verfahren durch den betroffenen Steuerpflichtigen prüfen die zuständige kantonale Steuerbehörde und das Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) den Antrag im Falle einer Doppelbesteuerung oder des Risikos einer Doppelbesteuerung. Wenn beide Behörden klar und eindeutig übereinstimmen, dass eine Korrektur auf Schweizer Steuerstufe erforderlich ist (z. B. wenn ein Schweizer Unternehmen in einer konzerninternen Transaktion überhöht vergütet wurde und damit gegen das Fremdvergleichsprinzip verstößt), können sie mit dem betroffenen Unternehmen eine interne Vereinbarung abschließen. Dadurch wird eine korrelative Anpassung in der Schweiz vereinbart, ohne dass Verhandlungen mit einer ausländischen Steuerbehörde erforderlich sind.
 

Einvernehmliches Verfahren (Art. 25 OECD-MA | Art. 2 - 23 StADG)

Nach Einreichung eines Antrags auf ein einvernehmliches Verfahren durch den betroffenen Steuerpflichtigen beim SIF prüft dieses die Zulässigkeit des Antrags, die Anwendbarkeitskriterien des Abkommens sowie die strittigen Sachverhalte und Anpassungen.

Kann Art. 16 StADG nicht angewendet werden, informiert das SIF die zuständigen Behörden der betroffenen Staaten darüber, dass in der Schweiz ein einvernehmliches Verfahren eingeleitet wurde. Anschließend initiiert das SIF Gespräche mit dem Ziel, eine teilweise oder vollständige Einigung über die primäre Anpassung und/oder die Festlegung einer korrelativen Anpassung zu erzielen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden.

Falls die Verhandlungen erfolgreich sind, wird eine für die Steuerbehörden verbindliche Vereinbarung unterzeichnet (und vom Steuerpflichtigen, sofern zugestimmt), die die Bedingungen der Anpassung sowie etwaige Korrekturmaßnahmen festlegt. Durch die Annahme der Vereinbarung verzichtet der betroffene Steuerpflichtige auf sämtliche Rechtsmittel in Bezug auf den Gegenstand der Vereinbarung. Zudem verpflichtet sich der Steuerpflichtige, alle bereits eingeleiteten rechtlichen Schritte unverzüglich zurückzuziehen.

Die Umsetzung einer Einigungsvereinbarung in der Schweiz wirft naturgemäß die Frage nach der buchhalterischen und steuerlichen Behandlung von Konzerngesellschaften nach der primären oder korrelativen Anpassung auf. Die sogenannte "sekundäre Anpassung" und Ausgleichszahlungen werden in unserem dritten und abschließenden Artikel zu diesem Thema behandelt.
 

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