In diesem Beitrag erfahren Sie:
- welche Voraussetzungen ein Steuerpflichtiger erfüllen muss, um einer Mehrwertsteuergruppe beizutreten,
- wie Steuerabrechnungen innerhalb einer Mehrwertsteuergruppe aussehen,
- was eine Vereinbarung zur Gründung einer Mehrwertsteuergruppe enthalten muss.
Seit dem 1. Januar 2023 sind in Polen nach der Polnischen Ordnung sog. Mehrwertsteuergruppen tätig, innerhalb deren verbundene Unternehmen die Mehrwertsteuer neutral abrechnen können. Dieses neue Gebilde hat zum Ziel, den Umfang der Verwaltungspflichten und die Anzahl der im Umlauf befindlichen Dokumente zu verringern sowie die Liquidität von Unternehmen, die sich für eine solche Lösung entscheiden, zu erhöhen. In der Theorie – nur Vorteile. Und in der Praxis? Hier finden Sie eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Informationen, die polnische Steuerpflichtige beachten sollten, wenn sie den Beitritt zu einer Mehrwertsteuergruppe in Betracht ziehen.
Wer kann einer Mehrwertsteuergruppe beitreten?
In der Praxis kann jedes Unternehmen, das polnischer Steuerpflichtiger ist, Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe werden. Dieses Gebilde ist für alle Organisationsformen von Unternehmen bestimmt. Sie kann sowohl von natürlichen und juristischen Personen als auch von Organisationseinheiten ohne Rechtspersönlichkeit (z.B. Gesellschaften bürgerlichen Rechts, offenen Handelsgesellschaften, Partnerschaftsgesellschaften, Kommanditgesellschaften oder Kommanditgesellschaften auf Aktien) gegründet werden.
Nach Art. 15a. Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG-PL) kann eine Mehrwertsteuergruppe von den Unternehmen gebildet werden, die:
- im Inland ansässig sind, oder
- im Inland in dem Umfang nicht ansässig sind, in dem sie dort ihre Geschäftstätigkeit über eine in diesem Inland gelegene Zweigniederlassung ausüben.
Wenn also ein inländisches Unternehmen, das eine ausländische Zweigniederlassung hat, Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe wird, ist diese Zweigniederlassung kein Mitglied dieser Gruppe.
Wenn jedoch Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe ein ausländisches Unternehmen wird, das über eine Zweigniederlassung in Polen tätig ist, dann gemäß den Bestimmungen der Polnischen Ordnung wird nur derjenige Teil des Unternehmens in die Mehrwertsteuergruppe aufgenommen, der eine Zweigniederlassung ist. Dies bedeutet, dass der sonstige (ausländische) Teil des Unternehmens nicht als Mitglied der Mehrwertsteuergruppe betrachtet wird und folglich alle Umsätze zwischen der Zweigniederlassung und Hauptniederlassung, die in einem anderen Land ansässig ist, besteuert werden.
Voraussetzungen für den Beitritt zu einer Mehrwertsteuergruppe
Damit die Wirtschaftsteilnehmer gemeinsam eine Mehrwertsteuergruppe bilden können, müssen sie gleichzeitig finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch miteinander verbunden sein.
Nach Art. 15a. Abs. 3 UStG-PL sind Unternehmen miteinander finanziell verbunden , wenn eines der Mitglieder einer Mehrwertsteuergruppe bei jedem anderen Steuerpflichtigen, das Mitglied dieser Gruppe ist, unmittelbar:
- eine Beteiligung am Stammkapital von mehr als 50% hat, oder
- 25% der Stimmrechte in den Kontroll-, beschlussfassenden bzw. geschäftsführenden Organen hat, oder
- ein Recht auf Gewinnbeteiligung von mehr als 50% hat.
Nach Art. 15a. Abs. 4 UStG-PL gelten Steuerpflichtige als wirtschaftlich miteinander verbunden, falls:
- die Haupttätigkeit der Mitglieder der Mehrwertsteuergruppe gleicher Art ist, oder
- die von den Mitgliedern der Mehrwertsteuergruppe ausgeübten Tätigkeiten sich ergänzen und voneinander abhängig sind, oder
- das Mitglied der Mehrwertsteuergruppe die Tätigkeit ausübt, die ganz oder überwiegend von anderen Mitgliedern der Mehrwertsteuergruppe genutzt wird.
In Bezug auf organisatorische Beziehungen sieht Art. 15a. Abs. 5 UStG-PL vor, dass Steuerpflichtige als verbunden gelten, wenn:
- sie rechtlich oder tatsächlich, direkt oder indirekt unter gemeinsamer Verwaltung stehen, oder
- sie ihre Aktivitäten ganz oder teilweise einvernehmlich organisieren.
Es ist auch erwähnenswert, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen von finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Beziehungen zwischen den Mitgliedern der Mehrwertsteuergruppe während des gesamten Bestehens der Gruppe (ohne Unterbrechung) zugleich erfüllt sein müssen.
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Wie gründet man eine Mehrwertsteuergruppe?
Nach Erläuterung der Voraussetzungen für den Beitritt zu einer Mehrwertsteuergruppe enthält das Umsatzsteuergesetz in seinem weiteren Teil den Vorbehalt, dass jedes Unternehmen Mitglied nur einer Mehrwertsteuergruppe sein kann und dass die Mehrwertsteuergruppe unter keinen Umständen Mitglied einer anderen solchen Gruppe sein darf.
Um eine Vereinbarung abzuschließen, die es den Unternehmen ermöglicht, eine Mehrwertsteuergruppe zu gründen, müssen sie einen schriftlichen Vertrag anfertigen. Das Dokument muss enthalten:
- Bezeichnung der Mehrwertsteuergruppe mit dem polnischen Zusatz "grupa VAT" bzw. "GV";
- Identifikationsdaten der Steuerpflichtigen, die eine Mehrwertsteuergruppe bilden, einschließlich Angaben zur Zweigniederlassung, wenn es sich um einen Steuerpflichtigen handelt, der nicht im Inland ansässig ist, sowie die Höhe des Stammkapitals jedes Steuerpflichtigen, der der Mehrwertsteuergruppe angehört;
- Benennung eines Vertreters der Mehrwertsteuergruppe unter ihren Mitgliedern;
- Identifikationsdaten der Anteilseigner (Aktionäre) und die Höhe ihrer Beteiligung am Stammkapital von Steuerpflichtigen, die eine Mehrwertsteuergruppe bilden und mehr als 50 % der Geschäftsanteile (Aktien) am Stammkapital dieser Steuerpflichtigen halten;
- den Zeitraum, für den die Mehrwertsteuergruppe gegründet wurde, der nicht kürzer als 3 Jahre sein darf.
Wie sehen Steuerabrechnungen innerhalb einer Mehrwertsteuergruppe aus?
Der Gesetzgeber beschreibt in Art. 8c. Abs. 1 und 2 des Umsatzsteuergesetzes die internen und externen Abrechnungen innerhalb der Mehrwertsteuergruppe in Bezug auf die Mehrwertsteuer. Innerhalb der Gruppe selbst sind Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe an ein anderes Mitglied derselben Mehrwertsteuergruppe erbracht werden, nicht steuerpflichtig. Bei externen Umsätzen hingegen gelten Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe an ein Unternehmen außerhalb dieser Mehrwertsteuergruppe erbringt, als von dieser Mehrwertsteuergruppe ausgeführt.
Will dagegen ein externes Unternehmen einen Umsatz mit einem Mitglied der Mehrwertsteuergruppe tätigen, so gelten Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem Unternehmen außerhalb einer Mehrwertsteuergruppe an ein Mitglied dieser Mehrwertsteuergruppe erbracht werden, als an diese Mehrwertsteuergruppe erbracht.
Die Situation wird noch komplizierter, wenn Lieferungen und sonstige Leistungen durch eine Zweigniederlassung erfolgen, die Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe ist, an:
- einen Steuerpflichtigen, der diese Zweigniederlassung gegründet hat und nicht im polnischen Hoheitsgebiet ansässig ist;
- eine andere Zweigniederlassung des unter Nummer 1 genannten Steuerpflichtigen, die außerhalb des polnischen Hoheitsgebiets liegt.
In diesen Fällen gelten diese Umsätze als an Unternehmen außerhalb der Mehrwertsteuergruppe getätigt.
Auf der anderen Seite erfolgen Lieferungen und sonstige Leistungen an eine Zweigniederlassung, die Mitglied einer Mehrwertsteuergruppe ist, durch:
- einen Steuerpflichtigen, der diese Zweigniederlassung gegründet hat und nicht im polnischen Hoheitsgebiet ansässig ist;
- eine andere Zweigniederlassung des unter Nummer 1 genannten Steuerpflichtigen, die außerhalb des polnischen Hoheitsgebiets liegt.
In diesen Fällen gelten diese Umsätze als an die Mehrwertsteuergruppe durch ein Unternehmen außerhalb dieser Gruppe getätigt.
Lohnt es sich, einer Mehrwertsteuergruppe beizutreten?
Über Vorteile und Risiken des Beitritts zu einer Mehrwertsteuergruppe haben wir bereits in unserem Blog anlässlich der vom Gesetzgeber im Rahmen der Polnischen Ordnung eingeführten Änderungen geschrieben – wir empfehlen allen, die sich für diese Form der Steuerabrechnungen interessieren, den Artikel unseres Tax Partners Przemysław POWIERZA zu lesen.
Sollte dies jedoch nicht ausreichen – oder das Thema Sie so sehr interessiert haben, dass Sie über die Implementierung dieser Lösung nachdenken – empfehlen wir Ihnen, sich an unsere Steuerberater zu wenden, die Ihnen bei Fragen dazu gerne zur Verfügung stehen.