In diesem Beitrag erfahren Sie:

  • Wann verjähren Steuerschulden?
  • Kann die Verjährungsfrist für eine Steuerschuld geändert werden?
  • Was hat die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens mit der Hemmung der Verjährung zu tun? 

Vor einiger Zeit berichteten wir auf unserem Blog über die ersten Urteile (das Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Kraków vom 24. März 2021, Az. I SA/Kr 1252/20 und den Beschluss des Obersten Verwaltungsgerichts vom 24. Mai 2021, Az. I FPS 1/21), in denen sich die Gerichte auf die Seite der Steuerpflichtigen stellten und gegen die Vorgehensweise der Finanzbehörden entgegentraten, die darauf beruhte, Steuerstrafverfahren künstlich einzuleiten, um die Verjährung zu hemmen. Es scheint, dass sich die Rechtsprechung der Gerichte in dieser Hinsicht in einer Weise etabliert hat, die für Steuerpflichtige vorteilhaft ist.

 

Umstrittene Vorgehensweise der Finanzbehörden – hemmt die bloße Einleitung eines Verfahrens die Verjährung?

In der Regel verjährt eine Steuerschuld nach 5 Jahren ab ihrer Entstehung. Die Abgabenordnung (AO-PL) sieht jedoch einige Ausnahmen vor.

Nach Art. 70 § 6 AO-PL wird die Verjährung automatisch gehemmt, falls gegen den Steuerpflichtigen ein Steuerstrafverfahren eingeleitet wird.

Die Finanzbehörden machten sich diese Regelung zunutze und leiteten solche Verfahren ein (und setzten sie oft fast sofort aus), wenn die Gefahr eines baldigen Ablaufs der Verjährungsfrist bestand. Die Beamten wollten dadurch zusätzliche Zeit gewinnen, um von dem Steuerpflichtigen die die Steuerschuld einzutreiben, die ohne Einleitung eines Steuerstrafverfahrens verjährt wäre.

Die Gerichte versuchen, einem solchen Missbrauch der Bestimmungen der Abgabenordnung ein Ende zu setzen. In den jüngsten Urteilen (z.B. Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Wrocław vom 26. September 2023, Az. I SA/Wr 90/21, Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Kielce vom 28. September 2023, Az. I SA/Ke 17/23, Urteil des Woiwodschaftsverwaltungsgerichts Białystok vom 27. September 2023, Az. I SA/Bk 230/23) stellen die Gerichte – unter Bezugnahme auf den in der Einleitung erwähnten Beschluss des Obersten Verwaltungsgerichts vom Mai 2021 – fest, dass nicht jede Einleitung eines Steuerstrafverfahrens den Grund für die Hemmung der steuerlichen Verjährungsfrist nach § 70 Abs. 6 Nr. 1 AO-PL darstellen kann.

Die Hemmung der Verjährung hat keine Wirkung, wenn die Einleitung des Verfahrens instrumenteller Natur war, d. h. unter Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauens in die Finanzbehörden erfolgte.

Darüber hinaus betonen die Gerichte nachdrücklich, dass die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit der Einleitung eines Steuerstrafverfahrens (die in Bezug auf die Bestimmungen der Strafprozessordnung oder des Steuerstrafgesetzbuches und die mit diesen Gesetzen verfolgten strafrechtlichen Ziele analysiert wird) zwar nicht in die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte fällt, es ist aber möglich und erforderlich, dass die Gerichte prüfen, ob die Finanzbehörde nicht rechtsmissbräuchlich auf die Einleitung eines Steuerstrafverfahrens zurückgegriffen hat.

Die Verwaltungsgerichte sind daher der Auffassung, dass Beamte nicht berechtigt sind, die Bestimmungen der Abgabenordnung zu nutzen, um Steuerstrafverfahren künstlich einzuleiten, nur um die Hemmung der Verjährung in den von ihnen geleiteten Steuerverfahren zu bewirken.

 

Folgen für Steuerpflichtige, deren Steuerschulden verjähren

Die Zahl der in diesem Bereich ergangenen Urteile deutet darauf hin, dass der Missbrauch des Art. 70 § 6 AO-PL durch die Finanzbehörden nach wie vor ein häufiges Problem ist. Eine Analyse der Stellung der Verwaltungsgerichte führt jedoch zu dem Schluss, dass die Steuerpflichtigen gute Chancen haben, den Kampf gegen diese unlautere und unethische Vorgehensweise zu gewinnen. Jeder Fall bedarf einer individuellen Beurteilung, aber im Falle der instrumentellen Nutzung von Steuerstrafverfahren stellen sich die Gerichte auf die Seite der Steuerpflichtigen und es lohnt sich, für  seine Rechte zu kämpfen.