• Was ist bei der estnischen Körperschaftsteuer von den abzugsfähigen Betriebsausgaben ausgeschlossen?
  • Sind Vertragsstrafen betriebsbezogene Aufwendungen?

Davon lesen Sie in diesem Beitrag

Die Möglichkeit, Vertragsstrafen als abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln, ist seit vielen Jahren ein Zankapfel zwischen der Finanzverwaltung und den Steuerpflichtigen. Nach Angaben der Finanzverwaltung können Strafen, die sich aus Verträgen ergeben, nicht als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden, weil sie das Grundkriterium nicht erfüllen – sie dienen nicht der Erzielung von Einnahmen bzw. Sicherung einer Einnahmequelle. Steuerpflichtige hingegen sind der Ansicht, dass die Nichtzahlung der Vertragsstrafe zu einem Verlust bzw. zur Erhöhung eines Verlusts führen würde, was bedeutet, dass sie eindeutig mit den erzielten Einnahmen zusammenhängt. Wer hat Recht und warum? 

 

Kern des Streits um Vertragsstrafen 

Bei der „normalen” Körperschaftsteuer dürfen Vertragsstrafen und Schadenersatz für Mängel an gelieferten Waren, ausgeführten Aufträgen und Leistungen sowie Verzögerungen bei der Lieferung von mangelfreien Waren oder Verzögerungen bei der Beseitigung von Mängeln an Waren bzw. ausgeführten Aufträgen und Leistungen nicht als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden. Der Gesetzgeber hat diese Art von Strafen und Schadenersatz direkt von den abzugsfähigen Betriebsausgaben ausgeschlossen. Daher argumentieren Steuerpflichtige, dass sonstige Strafen – da sie vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt wurden – als abzugsfähige Betriebsausgaben behandelt werden können.

Bei der estnischen Körperschaftsteuer wird das Einkommen besteuert, das u.a. der Höhe von betriebsfremden Aufwendungen entspricht. Und es war der Zusammenhang zwischen der Aufwendung für die Zahlung der Vertragsstrafe und der wirtschaftlichen Tätigkeit, der zum Auslöser eines Streits zwischen einem Steuerpflichtigen und der Finanzverwaltung wurde.

Vertragsstrafen bei estnischer Körperschaftsteuer

Ein Unternehmen, das Grundstücke erwirbt und sie zu gewerblichen Zwecken verkauft, beantragte beim Leiter der Landesfinanzauskunft die Erteilung eines Steuervorbescheids über Vertragsstrafen bei estnischer Körperschaftsteuer.

Es kommt vor, dass diese Gesellschaft wegen Verzögerungen oder Mängeln bei der Ausführung von Aufträgen Vertragsstrafen an ihre Auftragnehmer und Kunden zahlt. Diese Strafen werden u.a. aufgrund der Nichteinhaltung der Frist für einen Vertrag mit einem Stromversorger, des Verkaufs von Grundstück an einen Dritten oder Verzögerungen bei der Leistungserbringung verhängt.

Nach Angaben des Unternehmens handelt es sich bei den von ihm gezahlten Strafen um betriebsbezogene Aufwendungen. Die Tatsache, dass solche Strafen bei der „normalen” Körperschaftsteuer vom Gesetzgeber von den abzugsfähigen Betriebsausgaben ausgeschlossen wurden, bedeutet nicht, dass sie der estnischen Körperschaftsteuer unterliegen. Der Leiter der Landesfinanzauskunft teilte nicht den Standpunkt des Unternehmens: Er argumentierte, dass die für die Zahlung von Vertragsstrafen anfallenden Aufwendungen als Nebenkosten behandelt werden sollten – d.h. solche, die nicht der Erzielung von Gewinnen dienen, sondern einen Sanktionscharakter haben und aus regelwidrigen Tätigkeiten resultieren, so dass sie nicht als betriebsbezogene Aufwendungen angesehen werden können.

Das Woiwodschaftsverwaltungsgericht (WSA) Poznań schloss sich in seinem Urteil vom 25. Januar 2024 (Az. I SA/Po 632/23) der Auffassung des Unternehmens an. Nach Ansicht des Gerichts sind nicht abzugsfähige Betriebsausgaben nicht identisch mit den betriebsfremden Aufwendungen. Das Gericht betonte, dass es sich im vorliegenden Fall bei den Aufwendungen des Unternehmens für die Zahlung von Vertragsstrafen um betriebsbezogene Aufwendungen handele und sie als solche nicht der estnischen Pauschalsteuer unterliegen.

 

Wirken sich Vertragsstrafen auf die Besteuerung im Rahmen der estnischen Körperschaftsteuer aus (und wie)?

Wie das oben beschriebene Beispiel zeigt, verfolgt die Finanzverwaltung einen sehr restriktiven Ansatz zu Vertragsstrafen, jedoch lohnt es sich für Steuerpflichtige, ihre Meinung zu verteidigen und ihre Rechte vor Gericht geltend zu machen. Bei der Nutzung von günstigen Urteilen über estnische Körperschaftsteuer sollten sie jedoch bedenken, dass jeder Fall einzeln analysiert werden sollte, weil für das Vorliegen des Zusammenhangs zwischen einer Aufwendung und der wirtschaftlichen Tätigkeit oft Einzelheiten entscheidend sind. Um das angestrebte Ergebnis zu erreichen, ist daher zwar die Einschaltung erfahrener Steuerberater erforderlich, aber die gezahlten Vertragsstrafen sind oft so erheblich, dass es sich auf jeden Fall lohnt, einen solchen Schritt zu gehen und den Fehdehandschuh in einem Streit mit der Finanzbehörde aufzunehmen.