Wir sprechen Ihre Sprache auch wenn es sich um abstrakte steuerliche Themen handelt. Republik Polen hat sich Mitte 2019 für ein Experiment entschieden und im Rahmen des Umsatzsteuerrechts das sog. Split Payment (geteilte Zahlung) eingeführt. Kurz und bündig gefasst bedeutet die Neuigkeit, dass man beim Erwerb von bestimmten Waren oder beim Bezug von bestimmten Dienstleistungen den fälligen Bruttobetrag zwingend unter Anwendung einer besonderen Banküberweisung begleicht. Wird das Geld an den Leistenden im Rahmen des Split Payment überwiesen, so nimmt die Bank automatisch eine Aufteilung des überwiesenen Betrages vor: in den Nettobetrag (welcher auf dem „normalen“ Girokonto landet) und in den Umsatzsteuerbetrag (welcher auf dem gesonderten VAT-Konto landet). Im Ergebnis häufen sich die Umsatzsteuerbeträge auf dem separaten VAT-Konto an, wobei dieses Bankkonto durch die polnische Finanzverwaltung streng überwacht wird. Kein Betrag darf ausgezahlt werden, bevor das Finanzamt diesen nicht freigibt. Das ganze Mechanismus soll den steuerlichen Betrügereien erfolgreich vorbeugen. Wichtig ist, dass auch die ausländischen Unternehmer u.U. betroffen werden könnnen.
Zusammenfassung aus dem ersten Abschnitt:
- Das gemeinsame europäische Mehrwertsteuersystem sieht vor, dass die Umsatzsteuer auf jeder Etappe der Mehrwertschaffung durch die beteiligte Unternehmer einbehalten wird – bevor der Steuerbetrag selbst erst am Ende der Leistungskette durch den Endverbraucher (Endkunden) finanziert wird. Das Geld fließt also über die Hände der beteiligten Unternehmer an die Finanzverwaltung. Die fälligen Steuerbeträge ergeben sich als Differenz der zu Zeitpunkt der Leistungsausführung berechneten Steuer und den abziehbaren Vorsteuern (welche auf der früheren Etappe der Leistungskette gezahlt wurden). Dies lässt u.U. einen Raum für Steuerbetrüge.
- Das neue Split Payment gilt als Gegenmaßnahme wegen Steuerbetrügen – nachdem zahlreiche Versuche mit dem inländischen Reverse Charge (Verlegung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger) gescheitert haben, konzentriert man sich auf der genaueren Beobachtung der Geldbewegung, bzw. versucht man die unberechtigten Geldtransfers ins Ausland zu verhindern.
- Das Split Payment funktioniert als eine automatische Aufteilung des Rechnungsbetrages ins Netto und in den Steuerbetrag, sobald die Banküberweisung an den Leistenden Unternehmer erfolgt. Die Banken werden verpflichtet das Split Payment automatisch vorzunehmen. Die Beauftragung einer solchen Überweisung ist daher nur bei polnischen Banken bzw. bei polnischen Niederlassungen der ausländischen Banken möglich. Folglich muss man in Polen ein Bankkonto haben, wenn man durch das Split Payment betroffen wird.
- Betroffen sind Umsätze mit Waren oder Ausführung von Dienstleistungen, welche unter die besondere Aufsicht fallen, falls für diese in einer Rechnung mehr als 15.000 PLN brutto berechnet wird.
- Unbegründete (unberechtigte) Unterlassung der Anwendung des Split Payment wird mit erheblichen Geldstrafen und mit zusätzlicher Steuerschuld bedroht.
- Die Vorschriften betreffen auch ausländische Unternehmer – selbst wenn sie in Polen auf Dauer nicht präsent sind, hier aber steuerpflichtige Umsätze ausführen.
Transkription
Herzlich willkommen in der vierten Folge unseres Podcasts: „Steuern in Polen leicht erzählt“. Ja, es ist schon die vierte Folge. Vielleicht ist es nicht allzu langweilig bzw. lässt sich gut hören, bleibt immer noch interessant, aktuell und praxisorientiert wie vom Anfang an nach dem Motto: „Business first“, also das Steuerliche bleibt im Hintergrund. Wir sprechen über die Steuern einfach und verständlich.
Dieses Mal nehmen wir ein Thema auf den Tisch, welches nicht unbedingt in der EU verwurzelt ist. Das heißt, das ist schon ein Experiment, für welches sich Polen selbstständig entschieden hat und als Vorbeugemaßnahme gegen die Steuerbetrügereien nutzt. Ich meine hier das sogenannte Split Payment, also die geteilte Zahlung, wenn jemand so will. Was ist das eigentlich? Wieso funktioniert das? Wozu wird das durch die polnische Finanzverwaltung genutzt? Fangen wir vielleicht mit dem Mehrwertsteuersystem an sich an, das heißt das Mehrwertsteuersystem, das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, welches wir dann in der EU haben, funktioniert auf diese Art und Weise, dass die Steuer durch die Teilnehmer der einzelnen Transaktionen, der einzelnen Lieferungen oder Dienstleistungen zunächst erhoben wird und dann an die Finanzverwaltung, auf die Bankkonten der Finanzverwaltung weitergeleitet wird. Das heißt, das Geld wird diesen steuerpflichtigen Unternehmern zunächst in die Hand gedrückt, und erst später, im zweiten Schritt, überweisen sie dieses Geld selbstständig an die Finanzverwaltung. Die Steuer selbst wird aber nur von Konsumenten finanziert, also durch die Endverbraucher auch Endkunden genannt, die ganz am Ende der ganzen Kette: der Produktionskette, der Dienstleistungskette auftauchen und diejenigen sind, die die Umsatzsteuerlast durch Bezahlung faktisch tragen, also inklusive Umsatzsteuer die Preise begleichen.
Was gibt‘s hier so Problematisches? Dass es gerade in diesem System zu steuerlichen Betrügereien kommt. Eben dadurch, dass man zunächst das Geld des Staates auf eigenes Konto bekommt, lässt sich unter Umständen unauffällig mit dem Geld verschwinden. Und natürlich wollen die Finanzverwaltungen die entsprechenden Gegenmaßnahmen ergreifen, die dieses unberechtigte Handeln unmöglich machen. Was sind also die Gegenmaßnahmen wegen dieser Steuerbetrügereien? Ja, zunächst hat man im Rahmen dieses Umsatzsteuersystems mit dem sogenannten Reverse Charge, also mit der Verlegung der Steuerschuldnerschaft auf den Leistungsempfänger versucht. Das war leider aber nur teilweise erfolgreich, weil der Staatshaushalt einfach länger auf sein Geld warten musste. Das ist ja keine Methode, denn das Revers Charge hat einfach so funktioniert, als ob wir dann den Bürgern sagen würden: „Wenn du nicht beraubt werden möchtest, dann lass dein Geld einfach zu Hause.“ Unsinn, wenn man einkaufen geht. Das hilft nicht wirklich weiter.
Split Payment ist ein zweiter großer Versuch, eine endlich mal erfolgreiche Gegenmaßnahme zu ergreifen und gilt demzufolge als eine besondere Ausnahme in dem ganzen System, welche nur dazu dient, dass man diese Steuerbetrügereien endlich mal eliminiert. Wie funktioniert das denn?
Sehr kurz und einfach gesagt ist es eine automatische Aufteilung des Rechnungsbetrages, also wenn wir einfach eine Rechnung begleichen und eine Überweisung ausführen, dann erfolgt eine automatische Aufteilung des Rechnungsbetrages in Netto und die Umsatzsteuer und die beiden Beträge gelangen auf zwei separate Konten: einmal auf das ganz normale Girokonto und der Steuerbetrag auf das separate zusätzliche VAT-Konto, welches wesentlich strenger und genauer durch die Finanzverwaltung überwacht wird und eigentlich in der Praxis mitverwaltet wird. Die Beauftragung des Split Payment ist demzufolge nur bei polnischen Banken bzw. bei polnischen Niederlassungen von ausländischen Banken durchführbar, weil nur diese an das polnische Recht gebunden werden und nur diese sich dann an die Richtlinie der polnischen Finanzverwaltung halten müssen und auch ihre Banksystem bzw. IT-Systeme entsprechend angepasst haben. Also ein Konto, ein Bankkonto in Polen ist notwendig, wenn man dazu gezwungen wird, die Zahlung als Split Payment vorzunehmen.
Wer ist denn betroffen? Wer muss sich dann um diese Art und Weise der Begleichung der Rechnungen kümmern? Derjenige, der Umsatz mit Waren oder die Ausführung der Dienstleistungen auf dem Tisch hat, welche unter die besondere Aufsicht fallen. Da gibt es eine Liste von Waren und Dienstleistungen, die unter diese besondere Regelung fallen und falls diese dann vorhanden sind, muss man die Zahlung der Rechnung für diese Waren oder Dienstleistungen im Rahmen des Split Payment vornehmen. Was sind das beispielsweise für Waren bzw. Dienstleistungen? Also elektronische Geräte, Lieferung von elektronischen Geräten, Stahl, Erzeugnisse und Altmetall, nicht Edelmetalle, Edelmetalle, Schmuck, Abfall und Sekundärrohstoffe, Kraftstoffe und Öle, Chemieerzeugnisse und Kunststoffe, Kohle, sämtliche Auto- und Motorradteile, Übertragungsdienstleistungen von Treibhausgasemissionszertifikaten - eine seltene, seltene Spalte der Geschäftstätigkeit, aber kommt auch manchmal vor und Bauleistungen.
Wenn man solche Art von Leistungen ausführt, dann wird man betroffen. Das ist aber nicht nur die einzige Voraussetzung. Da muss man noch eine zweite Voraussetzung erfüllen. Das heißt, es muss sich dann um diese Waren bzw. diese Dienstleistungen handeln, wobei aber der Rechnungswert dieser konkreter Leistungen, also nicht der Rechnungswert im Allgemeinen, sondern dieser konkrete Leistungen 15.000 Zloty brutto in der konkreten gegebenen Rechnung überschreitet. Wenn das der Fall ist, dann heißt es: wir müssen die Zahlung für solche Waren bzw. Dienstleistungen als Split Payment vornehmen.
Wenn man sich dann an diese Vorgaben nicht anpasst und zum Beispiel das Split Payment unterlässt bzw. zum Beispiel seine eigene Rechnung mit einem bestimmten Hinweis nicht ausstattet, gibt es dann irgendwelche Strafvorschriften? Ja, natürlich, wie immer, insbesondere bei solchem Experiment, wenn man sich dann vergewissern will: „Wird das endlich mal funktionieren und die Steuer Betrügereien endlich mal einschränken oder nicht?“, da muss man auch entsprechende Strafvorschriften vorsehen, sonst funktioniert das nicht. Sonst halten sich nicht alle an die neuen Regeln. Und das alles gibt‘s einfach nichts. Also wie sehen dann die Strafvorschriften aus? Einfach wenn es festgestellt wird, dass ein Verkäufer die Rechnung mit dem Vermerk „geteilte Zahlung“ beziehungsweise das „Split Payment“, auf Polnisch: „Mechanizm Podzielonej Płatności“, kurz ausgedrückt „MPP“ nicht versehen hat, obwohl aber dieser Umsatz unter dieses obligatorisches Split Payment fällt, also wir sind verpflichtet, das Split Payment anzuwenden, dann wird einem solchen Verkäufer durch die Finanzbehörde eine zusätzliche Steuerschuld, einfach eine zusätzliche Steuer auferlegt in Höhe von 30 Prozent der auf der konkreten Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer zusätzlich auferlegt und eingetrieben. Diese Strafe in Höhe von 30 Prozent der auf der Rechnung ausgewiesenen Umsatzsteuer wird aber auch dem Erwerber auferlegt, also dem Käufer, falls er trotz der Pflicht zur Begleichung des Betrags aus der Rechnung als Split Payment diese Rechnung auf diese Art und Weise nicht bezahlt, sondern eine ganz normale Überweisung ausführt, dann muss er auch seine Zeche zahlen und auch zusätzlich die 30 Prozent der Steuer an die Finanzverwaltung entrichten. Eine zusätzliche weitere Folge wird auch die Notwendigkeit sein, einen solchen Betrag von den steuerlich abzugsfähigen Betriebsausgaben auszuschließen. Also wir müssen zusätzlich 30 Prozent auf die ausgewiesene Umsatzsteuer zahlen und dazu noch dürfen die sich daraus ergebenen Betriebsausgaben steuerlich nicht geltend machen. Ich glaube, ausreichend viel und ausreichend abschreckend. Es lohnt sich also tatsächlich bereits zunächst seine eigene Leistungen zu analysieren und die eventuelle Pflicht zu Split Payment zu analysieren und im zweiten Schritt das Buchhaltungssystem so anzupassen, dass eine problemlose Abwicklung der ganzen Zahlungen als Split Payment auf die entsprechenden VAT-Konten ohne weiteres möglich wird und dass man zum Beispiel rechtzeitig auch den Vermerk über die obligatorische geteilte Zahlung, über das Split Payment erkennt.
Das sind also die Aufgaben, die jetzt allen Unternehmern obliegen, die in Polen irgendwelche steuerpflichtige oder steuerbare und steuerpflichtige Leistungen ausführen. Kann es auch sein, dass wenn jemand z.B. als ein Unternehmer, der in Polen physisch nicht präsent ist, z.B. der keine Betriebsstätte, keine feste Niederlassung hat, aber durchaus eine Lieferung, welche hier steuerpflichtig ist, ausführt, dass so ein Unternehmer auch zu dem Empfang des Geldes, des Rechnungsbetrages im Split Payment-System gezwungen wird? Ja, natürlich, und zwar auch in solchen Fällen, wo er zum Beispiel selbst auch an ausländische – aus polnischer Perspektive – Geschäftspartner liefert bzw. Dienstleistungen an solche Geschäftspartner ausführt, die z.B. dann die Vorsteuer ohne Registrierung in Polen durch eine Erstattung der Umsatzsteuer im Rahmen der Europäischen Union und auf Grundlage der Richtlinie beantragen. Dann muss ja auch das Split Payment angewendet werden, und zwar wenn das nicht erfolgt, dann kann auch der liefernde Unternehmer, der hier registriert ist, Probleme bekommen, aber der, der hier nicht registriert wird, ist auch nicht so ganz geschützt, bzw. durch das Problem, durch die Strafe nicht betroffen, weil spätestens, wenn er sich um sein Geld meldet bei der polnischen Finanzverwaltung und die Vorsteuererstattung beantragt, dann wird er geprüft. Soll einmal festgestellt werden, dass die Zahlungen ohne das Split Payment erfolgt sind, da kann es natürlich zu den Problemen mit der Erstattung der Vorsteuer kommen und diese wird einfach nicht überwiesen. Also selbst solche Unternehmer, die hier gar nicht präsent sind und nur ab und zu, wirklich selten irgendwelche Lieferungen oder sonstige Leistungen erwerben, können auch dadurch betroffen werden, mindestens haben aufzupassen, dass die geteilte Zahlung einmal zur Anwendung kommt.
So, hätten Sie dazu noch weitere Fragen, können Sie mich gerne jederzeit ansprechen. Ich hoffe, das Thema war ausreichend detailliert und nicht zu technisch dargestellt und funktioniert schon seit einiger Zeit. Also es gibt schon eine praktische Erfahrung, selbst zu mehr komplizierten Fällen oder zu solchen Fällen, die einfach nicht eindeutig sind, also jetzt schon dürfen wir auf einer gewissen Erfahrung basieren und Sie gerne auch bei untypischen Fällen gerne unterstützen. Ansonsten hätten Sie noch eine gute Zeit und bleiben Sie gesund. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.