In diesem Beitrag erfahren Sie:
- was das sog. Holdingrecht ist;
- welche aenderungen Holdinggruppen einschließlich auslaendischer Muttergesellschaften betreffen;
- was den Gesellschaften die sog. Holdinggruppe gibt und welche Risiken damit zusammenhaengen.
Karolina BARTKOWIAK
Junior Tax Manager bei RSM Poland
Am 13. Oktober 2022 trat die aenderung des polnischen Handelsgesetzbuches, das sog. Holdingrecht, in Kraft.
Die neuen Vorschriften zielen darauf ab, die Rechtslage von Kapitalgesellschaften (d.h. der Gesellschaften mit beschraenkter Haftung, Aktiengesellschaften mit zumindest einer materialisierten Aktie und Aktiengesellschaften), die innerhalb von Kapitalgruppen taetig sind, zu regeln. Die Gesetzesaenderung wirkt sich auch auf auslaendische Muttergesellschaften aus.
Die Bestimmungen des neuen Holdingrechts erlauben es insbesondere den Gesellschaften, die gemeinsame Wirtschaftsstrategie zu verfolgen, um die Interessen der Kapitalgruppe zu verwirklichen, sofern dies nicht darauf abzielt, die Interessen der Minderheitsgesellschafter oder Minderheitsglaeubiger (oder Minderheitsaktionaere) einer Tochtergesellschaft zu verletzen. Gemaeß der Begruendung des aenderungsentwurfs soll den Muttergesellschaften die Möglichkeit gegeben werden, Tochtergesellschaften einheitlich zu fuehren.
Wann ist das neue Holdingrecht anzuwenden?
Gemaeß der aenderung werden bestehende Holdings in der Lage sein, die sog. Unternehmensgruppen zu gruenden. Um eine Unternehmensgruppe zu gruenden, ist Folgendes notwendig:
- die Beschlussfassung ueber die Beteiligung an einer Unternehmensgruppe durch die Gesellschafterversammlung (Hauptversammlung)
und - die Offenlegung der Angabe ueber die Beteiligung an einer Unternehmensgruppe in dem Landesgerichtsregister. Ist die Muttergesellschaft im Ausland ansaessig, muss die Beteiligung an einer Unternehmensgruppe im Register der Tochtergesellschaft ausgewiesen werden.
Nur nach der Erfuellung beider Bedingungen können sich die Gesellschaften auf die Vorschriften ueber sog. Unternehmensgruppen beziehen.
Was gibt der Muttergesellschaft die Beteiligung an der sog. Unternehmensgruppe?
Dank dem neuen Holdingrecht wird die Muttergesellschaft in der Lage sein, (denjenigen Tochtergesellschaften, die an der Unternehmensgruppe beteiligt sind) sog. verbindliche Anweisungen zur Fuehrung der Geschaefte des Unternehmens zu erteilen. Die Tochtergesellschaft, an die die verbindliche Anweisung gerichtet ist, kann die Ausfuehrung dieser Anweisung nur in bestimmten Situationen verweigern.
Es scheint, dass das Ziel des Gesetzgebers darin bestand, es der Muttergesellschaft zu erleichtern, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln – einheitlich fuer die gesamte Holding. Unter Beruecksichtigung einer Reihe von formalen Anforderungen, die die sog. verbindliche Anordnung erfuellen muss (darunter hat die Muttergesellschaft u.a. anzugeben, welcher Vorteil oder potenzieller Schaden fuer die Tochtergesellschaft mit einer verbindlichen Anweisung zu erwarten ist sowie wie und wann der Schaden fuer die Tochtergesellschaft entschaedigt wird) scheint es, dass dieses Instrument das Funktionieren von Holdinggruppen nicht nur nicht erleichtern, sondern sogar erschweren wird, da es mit der aktuellen wirtschaftlichen Realitaet völlig unvereinbar ist.
Darueber hinaus ist zweifelhaft, ob es – vor dem Hintergrund verbindlicher Weisungsregelungen – zulaessig sein wird, andere, weniger formelle Formen der Einflussnahme der Muttergesellschaft auf Tochtergesellschaften in den sog. Unternehmensgruppen zu nutzen. Leider geben die Vorschriften keine klare Antwort auf diese Frage.
Dies ist umso ueberraschender, als ein solcher informeller Einfluss heute im Grunde der Standard ist
Neue Rechte fuer Muttergesellschaften
Gleichzeitig gewinn die Muttergesellschaft die Möglichkeit, die Geschaeftsanteile (Aktien) der Minderheitsgesellschafter (Minderheitsaktionaere) einer Tochtergesellschaft, darunter der GmbH nach polnischem Recht zurueckzukaufen (sog. Squeeze-Out). Das ist ein Novum, denn bisher war der Rueckkauf nur dann möglich, wenn es sich bei der Tochtergesellschaft um eine Aktiengesellschaft handelte.
Nach den neuen Vorschriften kann die Gesellschafterversammlung (Hauptversammlung) einer Tochtergesellschaft einen Beschluss ueber den Zwangsrueckkauf von Aktien der Gesellschafter (Aktionaere) fassen, die nicht mehr als 10% des Stammkapitals der Muttergesellschaft vertreten, die mit mindestens 90% des Stammkapitals unmittelbar vertreten ist. In dem Vertrag (der Satzung) der Gesellschaft kann diese Schwelle auf 75% des Stammkapitals herabgesetzt werden.
Gemaeß den betroffenen Rechtsvorschriften gewinnt die Muttergesellschaft auch das Recht auf vollstaendige Informationen ueber die Angelegenheiten der Tochtergesellschaft und eine uneingeschraenkte Einsicht in ihre Handelsbuecher. Die Geschaeftsfuehrung einer Tochtergesellschaft (die an einer Unternehmensgruppe beteiligt ist) ist wiederum verpflichtet, einen Bericht ueber die vertraglichen Verflechtungen (zwischen dieser Tochtergesellschaft und der Muttergesellschaft) fuer das letzte Geschaeftsjahr zu erstellen.
In diesem Bericht hat die Geschaeftsfuehrung der Tochtergesellschaft u. a. die verbindlichen Anweisungen der Muttergesellschaft anzugeben.
Welche Folgen hat die Gruendung der sog. Unternehmensgruppe fuer eine Tochtergesellschaft?
Aus Sicht der Tochtergesellschaften, die an der sog. Unternehmensgruppe beteiligt sind, wird die Beschraenkung der Haftung der Mitglieder der Organe eines Tochterunternehmens eine der wichtigsten Regelungen sein, die durch das neue Recht eingefuehrt werden. Gemaeß der aenderung haften die Mitglieder der Organe einer Tochtergesellschaft (die an einer Unternehmensgruppe beteiligt ist) nicht fuer den Schaden, den durch die Ausfuehrung einer verbindlichen Anweisung verursacht wurde, welche gemaeß den Bestimmungen des Handelsgesetzbuches an eine bestimmte Tochtergesellschaft erteilt wurde.
Bemerkenswert ist jedoch, dass auch die Haftung der Organmitglieder von Muttergesellschaften beschraenkt ist – sofern sie im Interesse einer Unternehmensgruppe handeln. Eine solche Formulierung der Vorschriften kann in der Praxis den Schutz der Interessen der Unternehmen selbst und ihrer Gesellschafter und Glaeubiger erheblich schwaechen.
Dennoch sollen die neuen Vorschriften den Tochtergesellschaften, die an einer Unternehmensgruppe beteiligt sind, theoretisch einen gewissen Schutz bieten. Die Muttergesellschaft haftet naemlich gegenueber der an der Unternehmensgruppe beteiligten Tochtergesellschaft fuer den Schaden, der durch die Ausfuehrung einer verbindlichen Anweisung entsteht. Der Zusammenhang zwischen der Haftung der Muttergesellschaft und dem Eintritt eines Schadens bei der Tochtergesellschaft bedeutet, dass dieser Schutz jedoch illusorisch sein kann. Dies umso mehr, als sich die Muttergesellschaft ihrer Haftung entziehen kann, wenn sie nachweist, dass sie ohne eigenes Verschulden gehandelt hat.
Der Schutz einer Tochtergesellschaft ist noch mehr eingeschraenkt, wenn wir es mit einer Einmanngesellschaft zu tun haben. Nach Art. 21 Abs. 12 § 2 HGB-PL haftet die Muttergesellschaft fuer den einer Einmanngesellschaft zugefuegten Schaden nur dann, wenn die Ausfuehrung einer verbindlichen Anweisung zu ihrer Insolvenz gefuehrt hat.
Sollten Tochtergesellschaften Angst vor Rechtsaenderungen haben?
Obwohl die neuen Vorschriften seit kurzem in Kraft sind, wirft ihr Inhalt bereits viele Kontroversen und Bedenken auf. Man kann befuerchten, ob die neuen Vorschriften nicht einen Raum fuer ein Verhalten schaffen werden, das sich nicht nur negativ auf die Geschaeftsbeziehungen verbundener Unternehmen, sondern auch auf den Schutz von Geschaeftsgeheimnissen der Tochtergesellschaften auswirkt.
Die oben dargestellten Regelungen sind nur ein Teil der aenderungen, die in das Handelsgesetzbuch eingefuehrt wurden. Zweifellos werden diese aenderungen jedoch fuer das praktische Funktionieren von Unternehmen, die zu Kapitalgruppen gehören, einschließlich Holdinggruppen unter Beteiligung auslaendischer Unternehmen, wichtig sein – insbesondere wenn diese Unternehmen beschließen, die sog. formelle Unternehmensgruppe zu gruenden.
Aus diesem Grund empfehlen wir Ihnen, aeußerste Vorsicht walten zu lassen und alle Entscheidungen, die auf der Grundlage der neuen Vorschriften getroffen werden sollen, mit einem Fachberater zu besprechen. Sollten Sie Fragen dazu haben oder möchten Sie dieses Thema naeher besprechen, dann stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfuegung.
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