Wie können sich Streitigkeiten mit den Finanzbehörden auf die Ausübung der Geschäftstätigkeit in Polen auswirken? Entgegen dem Anschein können Unternehmen, die Diskussion mit dem Finanzamt (oder allgemeiner – mit der Landesfinanzverwaltung) um jeden Preis vermeiden, viel verlieren und sogar selbst in Schwierigkeiten geraten. Warum sollten sollte Streitigkeiten dann nicht vermieden werden? Und wie bereitet man sich gut auf den möglichen Steuerstreit mit der Finanzverwaltung vor? Przemysław POWIERZA, Tax Partner bei RSM Poland, sprach darüber mit „Dziennik Gazeta Prawna“ (DGP) – einer überregionalen juristisch-ökonomischen Tageszeitung.
DGP: RSM Poland ist eine große Kanzlei, die größere und kleinere Unternehmen in Steuerfragen berät. Wie gehen Sie mit den Streitigkeiten mit der Landesfinanzverwaltung um?
PP: Zunächst einmal gehen wir diesen Streitigkeiten nicht aus dem Weg. Erstens wissen wir aus unserer Erfahrung, dass dies keine effektive Strategie ist, um sichere Beziehungen zum Finanzamt aufzubauen. Zweitens ist die Herangehensweise wichtig, d.h. ob wir den Steuerstreit als Auftakt zu einem Kampf oder zu einer Diskussion mit Vertretern der Finanzverwaltung betrachten. Wir vertreten definitiv die letztere Einstellung.
DGP: Wenn ich mir die Mentalität der polnischen Unternehmer und ihrer Buchhaltungsteams anschaue, habe ich den Eindruck, dass wir diese Streitigkeiten lieber vermeiden wollen. Wie im russischen Sprichwort: „Gott, halte den Zaren gesund und so weit wie möglich von uns entfernt“. Und das ist wohl die beliebteste Betrachtungsweise von Kontakten mit dem Finanzamt. Was ist Ihre Meinung?
PP: Ja, unter den polnischen Unternehmern und Buchhaltungsteams herrscht die Überzeugung, dass ein gutes Steuermanagement den lieben Frieden in diesem Teil der Front bedeutet und die Beamten der Landesfinanzverwaltung so weit wie möglich vom Unternehmen fernhält. Beim ersten Kontakt versucht ein solcher Unternehmer – oder sein Buchhalter – den Beamten mit zahlreichen Informationen und Unterlagen zu überhäufen, in der Hoffnung, dass er auf diese Weise diesen Seelenfrieden erlangt. Dies ist jedoch nicht der Fall.
DGP: Ein Steuerberater von RSM Poland kommt also in die Firma und sagt: „Machen Sie sich für den Steuerstreit mit der Finanzverwaltung bereit”?
PP: Ja – und wir bekommen in der Regel eine Abwehrreaktion. Unsere Mandanten erwarten, dass sie sich auf einen Kampf vorbereiten werden müssen. Und wir sagen: „Bereiten Sie sich auf einen Steuerstreit vor, das heißt, sprechen Sie so oft wie möglich mit dem Finanzamt, betrachten Sie es als Gelegenheit, den Standpunkt der anderen Seite kennenzulernen und zu sehen, ob der Weg, den Sie zur Lösung des Steuerproblems eingeschlagen haben, der richtige ist“. Eine passive Haltung – also die Vermeidung eines Steuerstreits – kann die kostspieligsten Folgen haben, nämlich Konfrontation vor dem Verwaltungsgericht.
DGP: Wann beginnt also dieser Streit und was ist zu tun, damit er nicht zu einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wird?
PP: Tatsächlich beginnt der Streit praktisch bei den ersten Kontakten mit dem Finanzamt, wenn ein in Polen tätiges Unternehmen eine harmlose Vorladung erhält, um kleine Zweifel im Rahmen der sog. steuerlichen Vorprüfung zu klären. Dabei kann es sich um Fragen zu kleineren Unstimmigkeiten oder Bitten um Klärung des Gegenstands einer Transaktion handeln.
DGP: Wann beginnt also dieser Streit und was ist zu tun, damit er nicht zu einem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wird?
PP: Tatsächlich beginnt der Streit praktisch bei den ersten Kontakten mit dem Finanzamt, wenn ein in Polen tätiges Unternehmen eine harmlose Vorladung erhält, um kleine Zweifel im Rahmen der sog. steuerlichen Vorprüfung zu klären. Dabei kann es sich um Fragen zu kleineren Unstimmigkeiten oder Bitten um Klärung des Gegenstands einer Transaktion handeln.
Die häufigste Reaktion der Buchhaltungsabteilungen besteht darin, den Beamten umfangreiche Unterlagen zur Verfügung zu stellen – d.h. oft „mit einem Überschuss”. Sie hoffen, dass Sie auf diese Weise zeigen, dass sie offen für die Zusammenarbeit sind. Und in diesem Fall ist es eine der schlechtesten Lösungen. Tun Sie genau das Gegenteil: bestimmen Sie, wo die Verpflichtungen zur Übermittlung von Informationen oder Daten an das Finanzamt jeweils enden und warten Sie, bis die Beamten ihre Anfragen deutlicher fassen. Dann lässt sich wohl feststellen, in welche Richtung dieser (noch) „Mini-Streit” geht.
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DGP: Die richtige Reaktion sollte also wie folgt sein: Steuerunterlagen vorbereiten, aber nur so viel informieren, wie „das Gesetz verlangt”?
PP: Genau. Wir bitten Sie immer, die Vorladung zu lesen und ihre Rechtsgrundlage sorgfältig zu prüfen (d. h. welchen Paragraphen – umgangssprachlich gesagt – der Beamte anwendet, um Informationen von uns zu erhalten bzw. uns aufzufordern, bestimmte Unterlagen vorzulegen).
Es ist sehr wichtig, dass Sie diese schriftlich erhalten, denn dann ist der Beamte verpflichtet, eine bestimmte Vorschrift des Steuerrechts anzugeben, auf deren Grundlage er uns vorlädt. Und es kommt manchmal vor, dass der Beamte eine schnellere Lösung für den Fall „vorschlägt”: Telefon, E-Mail – d.h. eine Form ohne schriftliche Vorladung... Lassen wir uns nicht von dem Eindruck täuschen, dass ein weniger offizieller Weg für uns besser sein wird – ohne Vorladung wird es keine Spur in unserer Akte des Steuerpflichtigen geben, und – wenn sich in Zukunft herausstellt, dass aus einer harmlosen steuerlichen Vorprüfung ein Steuerstreit geworden ist – werden wir weder über „Vorgeschichte” dieses Falles noch über Kommentare bzw. Erklärungen verfügen. Es wird auch nicht bekannt sein, wie bestimmte Daten von dem Amt interpretiert wurden.
Auch für die Sicherheit und den „ruhigen Schlaf” sollten Sie immer um Informationen in der Schriftform bitten und nur die in dem jeweiligen Schreiben angegebenen Fragen beantworten. Beim Kontakt mit dem Finanzamt funktioniert das Sprichwort „weniger ist mehr” perfekt.
DGP: Um auf Streitigkeiten gut vorbereitet zu sein, lohnt es sich, von Anfang an die richtigen Verfahren vorzubereiten, dank derer wir immer die entsprechenden Unterlagen in der Hinterhand haben und wissen, warum wir die Vorschriften so und nicht anders interpretieren, oder?
PP: Genau. Aus diesem Grund raten wir völlig davon ab, Angelegenheiten telefonisch zu erledigen, ohne den Kontakt mit dem Finanzamt zu dokumentieren. Wie anfangs erwähnt wurde – so kann man mit Kleinigkeiten vorgehen, aber man muss sich sicher sein, dass es sich wirklich um eine Kleinigkeit handelt, denn aus einer Kleinigkeit kann auch etwas Größeres werden.
Eine gute Lösung besteht darin, bestimmte Personen zu schulen, die sich als die einzigen in unserer Organisation mit den Finanzbehörden kommunizieren können. Dadurch erweitern diese Personen ihr Wissen, indem sie Gespräche mit Beamten führen, und sie können selbstverständlich zugleich das Unternehmen vor der Weitergabe unzulässiger Informationen entsprechend schützen. Wenn diese Menschen wissen, wie die Verfahren funktionieren, werden sie in der Lage sein, durchsetzungsfähig zu reagieren und sie werden keine Angst haben, „Nein“ zu sagen, weil sie sicher sein werden, dass sie rechtskonform handeln. Ich stoße oft auf Zweifel, wie z.B., dass man den Beamten etwas nicht verweigern darf, weil das mit einer Betriebsprüfung enden wird – nichts mehr falsch! Die Maßnahmen der Finanzverwaltung, einschließlich Betriebsprüfungen, finden nicht ad hoc statt, sondern sind im Voraus geplant.
Je einfacher ein Unternehmer mit den Behörden ins Gespräch kommt und je sachlicher er antwortet und dabei seine Rechte und Pflichten kennt, desto geringer ist die Bereitschaft der Behörden der Landesfinanzverwaltung, Betriebsprüfungen in seinem Betrieb durchzuführen. Wenn ein Unternehmen von einem Profi vertreten wird, der mit den Beamten „in ihrer Sprache” kommuniziert, baut es das Bild eines „steuerlich gut organisierten” Unternehmens auf. Bei der anderen Partei besteht der Verdacht, dass die Prüfung möglicherweise nicht die erwarteten Ergebnisse bringt (d. h. Unregelmäßigkeiten aufdeckt) und ein solches Unternehmen „weniger aussichtsreich” wird.
Deshalb wiederhole ich noch einmal: In der Praxis lohnt es sich, eher ein Formalist zu sein als ein höflicher Steuerzahler, der im Namen einer guten Zusammenarbeit mit dem Amt mehr zur Verfügung stellt, als der Beamte von ihm erwartet.
DGP: Wo können Unternehmer nach Wissen suchen, wenn sie sich auf eine Betriebsprüfung vorbereiten wollen?
PP: die Abgabenordnung – das sollte die erste Wahl eines jeden Steuerpflichtigen sein. Es ist ein Gesetz, das alle Verfahren regelt, wenn es um Kontakte mit der Landesfinanzverwaltung geht – und dieses Grundwissen ist unabdingbar. Wenn Sie also über ein eigenes Finanz- und Buchhaltungsteam verfügen, ist die Schulung (zumindest auf grundlegender Ebene) bestimmter Personen in diesen Verfahren eine gute Investition in die Steuersicherheit.
Auch die ständige Zusammenarbeit mit Steuerberatern ist eine gute Lösung. In einer Situation, in der das interne Team ein Thema erkennt, das über seine Kompetenz hinausgeht, dann haben wir die Möglichkeit, es schnell mit den Fachleuten mit mehreren Kenntnissen zu besprechen – und dann unsere Kräfte zu bündeln. Sie können bestimmte Schritte auch gemeinsam mit einem Steuerberater durchlaufen oder – zu einem gewissen Zeitpunkt – mit dieser Sache einen Experten beauftragen. Erwähnenswert ist auch der psychologische Aspekt dieser Lösung: wenn ein Berater in dem Fall auftaucht, bekommen die Beamten ein Signal, dass wir sachlich eine höhere Ebene betreten. Natürlich kann dies von der Landesfinanzverwaltung unterschiedlich wahrgenommen werden, daher lohnt es sich, im Voraus sorgfältig zu überlegen, zu welchem Zeitpunkt einer Streitigkeit mit den Finanzbehörden der Berater eingreifen sollte, um keine unnötigen Spannungen in den Kontakten mit dem Amt aufzubauen.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Es lohnt sich, Leute zu haben, die in solchen aktuellen Angelegenheiten mit Beamten sprechen können, aber auch einen Plan B haben, d.h. einen bewährten Steuerberater. Und zwar nicht nur, um das Unternehmen in schwereren Fällen zu vertreten sondern auch, um eine breitere Perspektive auf ein bestimmtes Thema zu haben. Vergessen wir nicht, dass ein Steuerberater oft dazu da ist, mehr als eine Lösung zu finden und das Risikoniveau für jede davon zu bestimmen. Am Ende ist es natürlich der Steuerzahler, der die Wahl trifft, aber dank des Steuerberaters hat er mehr Daten, die er braucht, um potenzielle Vorteile und Risiken abzuschätzen.
DGP: Ein Steuerberater wird oft mit dem Begriff „Steueroptimierung” in Verbindung gebracht, und dies wird wiederum mit dem Kombinieren assoziiert. Wie sollten Unternehmer das angehen?
PP: Leider wurde in den letzten Jahren das Wort „Optimierung” gewaltsam in das Schimpfwörterbuch gedrängt – und es ist kein geringes Verdienst des polnischen Gesetzgebers. Ich bin ganz anderer Meinung. Es ist nicht so, dass Steueroptimierung etwas Schlechtes ist, jedoch ist sie heute bestimmt schwieriger als noch vor ein paar Jahren.
Derzeit sind die Vorschriften viel komplizierter, die Häufigkeit von Änderungen im Steuerrecht ist absurd und die gesetzgeberische Schlamperei hat exorbitante Ausmaße angenommen... All dies führt dazu, dass wir in einer sehr hohen Unsicherheit bei der Steuerrechtsprechung agieren und es unter diesen Bedingungen äußerst schwierig ist, eine sinnvolle, sichere Optimierung vorzunehmen – das heißt, wenn ich die Mindeststeuern zahle, die ich zahlen muss. Lassen Sie mich gleichzeitig klarstellen: Steueroptimierung bedeutet nicht Steuervermeidung!
Sie dürfen es nicht vermeiden, Steuern zu zahlen oder Steuergesetze zu umgehen, d.h. Dinge tun, die als Verbrechen eingestuft werden. Sie können jedoch versuchen, gemäß den Vorschriften so wenig wie möglich zu zahlen. Nur eben gebe ich heute ein Vermögen für denjenigen, der sagen kann: „Ich bin mir dieser Lösung zu 100% sicher und niemand wird eine Lücke in meiner Auslegung der Rechtsvorschriften finden”.
Die Steuerrechtsprechung ist bereits so formuliert, dass es sehr schwierig ist, mit absoluter Sicherheit zu sagen, was immer noch erlaubt ist. Also gibt es viel weniger Optimierungsmöglichkeiten (aber sie sind immer noch da).
Wenn jemand sie nutzen möchte, ist es am besten, dies mit einem Steuerberater zu tun, denn unter den heutigen Bedingungen ist es extrem schwierig, aber immer noch durchführbar.