In diesem Beitrag erfahren Sie:

  • Wann ist es notwendig, den Main-Benefit-Test zu erfüllen?
  • Wie können Sie überprüfen, ob eine Gestaltung ein allgemeines Kennzeichen aufweist?

Am 1. Januar 2019 wurde bei der Umsetzung der Bestimmungen der DAC6-Richtlinie in die polnische Rechtsordnung die Meldepflicht für Steuergestaltungen (eng. Mandatory Disclosure Rules, MDR) eingeführt. Hierbei ist erwähnenswert, dass die polnischen MDR-Vorschriften in der Abgabenordnung umfassender sind als die Bestimmungen der DAC6.

 

Rolle von Kennzeichen bei einer Steuergestaltung

Nach der Definition in der Abgabenordnung ist eine Steuergestaltung eine Gestaltung, die:

  1. ein allgemeines Kennzeichen aufweist und den Main-Benefit-Test erfüllt (die beiden Voraussetzungen müssen zusammen erfüllt werden),
  2. ein spezifisches Kennzeichen aufweist (in diesem Fall muss die Gestaltung nicht einmal den Main-Benefit-Test erfüllen) oder
  3. ein sonstiges spezifisches Kennzeichen aufweist (wodurch sie auch den Main-Benefit-Test nicht erfüllen muss).
     

Werfen wir also einen Blick auf alle 11 allgemeinen Kennzeichen von Steuergestaltungen, die von dem polnischen Gesetzgeber in der Abgabenordnung definiert wurden.

Erörterung allgemeiner Kennzeichen: Wann ist es notwendig, den Main-Benefit-Test zu erfüllen?

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. a – der Intermediär bzw. Nutzer hat sich verpflichtet, gegenüber Dritten, insbesondere gegenüber anderen Nutzern, Intermediären oder Finanzbehörden die Art und Weise, in der die Gestaltung die Erlangung des Steuervorteils ermöglicht, geheim zu halten.

Das erste allgemeine Kennzeichen betrifft die Vertraulichkeitsklausel und die Geheimhaltung der Art und Weise, in der die Steuergestaltungen es ermöglicht haben, den Steuervorteil zu erlangen.

 

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. b – der Intermediär hat Anspruch auf eine Vergütung, deren Höhe von dem aufgrund der Gestaltung erlangten Steuervorteil abhängt. 

Dieses allgemeine Kennzeichen betrifft die Methode zur Berechnung der Vergütung des Intermediärs, deren Höhe mit der Höhe des Steuervorteils korreliert, der durch die Anwendung einer bestimmten Gestaltung erlangt wird.

 

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. c – der Intermediär hat Anspruch auf eine Vergütung, die von der Erlangung eines Steuervorteils aufgrund der Gestaltung abhängt oder er hat sich verpflichtet, die Vergütung ganz oder teilweise zurückzuerstatten, falls der Steuervorteil nicht oder in geringerer Höhe als angenommen eintritt.

Ein weiteres allgemeines Kennzeichen gilt für eine Situation, in der die Zahlung der Vergütung an den Intermediär von der Erlangung eines Steuervorteils oder einer Rückerstattung der bereits erhaltenen Vergütung durch den Intermediär abhängt, wenn der Steuervorteil nicht erzielt wird oder niedriger als angenommen ausfällt.

Es ist zu betonen, dass es keine Rolle spielt, ob der Vertrag zwischen dem Intermediär und dem Nutzer mündlich oder schriftlich geschlossen wird und wie die Zahlungsweise aussehen wird (z. B. Schuldenerlass) und wie hoch die Vergütung des Intermediärs sein wird, die auf der Grundlage des sog. Erfolgshonorars festgelegt wird.

 

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. d  – die im Rahmen der Gestaltung vorgenommenen Schritte stützen sich auf eine Dokumentation, die im Wesentlichen standardisiert ist bzw. nehmen im Wesentlichen eine standardisierte Form an, ohne dass sie für die Umsetzung der Gestaltung bei mehr als einem Nutzer wesentlich individuell angepasst werden müssen.

Ein weiteres allgemeines Kennzeichen setzt voraus, dass für die im Rahmen der Gestaltung vorgenommenen Schritte eine Dokumentation verwendet wird, die für die Umsetzung der Gestaltung keine großen Anpassungen erfordert bzw. im Wesentlichen eine standardisierte Form annimmt.

Die Umsetzung einer solchen Gestaltung sollte keine zusätzlichen Maßnahmen oder Änderungen des Nutzers erfordern.

 

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. e – es werden künstlich Schritte unternommen, um eine verlustbringende Gesellschaft zu erwerben, die Haupttätigkeit dieser Gesellschaft zu beenden und deren Verluste dafür zu nutzen, seine Steuerbelastung zu verringern, einschließlich der Übertragung dieser Verluste in ein anderes Hoheitsgebiet oder der rascheren Nutzung dieser Verluste.

Dieses allgemeine Kennzeichen beschreibt eine Situation im Zusammenhang mit dem Erwerb einer verlustbringenden Gesellschaft oder die Beendigung der Geschäftstätigkeit und Verwendung der Verluste dieser Gesellschaft zur Verringerung der Steuerbelastung, z. B. durch eine raschere Nutzung dieser Verluste. 

Dieses Kennzeichen ist in der Regel aufgewiesen, wenn die unternommenen Schritte auf die Erreichung des in der vorgenannten Bestimmung genannten Ziels abzielen.

 

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. f – es liegt eine Änderung der Einstufung von Einkünften (Einnahmen) zu einer anderen Einkunftsquelle (Einnahmenquelle) oder eine Änderung der Besteuerungsgrundsätze vor, die zu einer tatsächlich niedrigeren Besteuerung, Befreiung oder einem Ausschluss von der Besteuerung führt.

Ein allgemeines Kennzeichen kann dann vorliegen, wenn eine Änderung der Einstufung oder der Besteuerungsgrundsätze tatsächlich zu einer niedrigeren Besteuerung, Befreiung oder einem Ausschluss von der Besteuerung geführt hat. Es spielt keine Rolle, ob es sich um das Ergebnis rein inländischer Tätigkeiten oder um Transaktionen handelt, auf die Doppelbesteuerungsabkommen Anwendung finden.

Dieses Kennzeichen wird jedoch z. B. durch die Wahl der Mehrwertsteuerbesteuerung für Immobiliengeschäfte durch Verzicht auf die freiwillige Mehrwertsteuerbefreiung nicht erfüllt.

 

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. g – Schritte, die zu zirkulären Transaktionen führen, und zwar durch die Einbeziehung zwischengeschalteter Unternehmen ohne wesentliche wirtschaftliche Funktion, oder Tätigkeiten, die sich gegenseitig aufheben oder ausgleichen oder zu einem Zustand führen, der mit dem vor der Durchführung dieser Tätigkeiten bestehenden Zustand identisch oder ähnlich ist, oder andere ähnliche Merkmale aufweisen.

Dieses allgemeine Kennzeichen liegt vor, wenn die Tätigkeiten im Rahmen der Steuergestaltung die Einbeziehung mindestens eines zwischengeschalteten Unternehmens erfordern, das keine wesentlichen wirtschaftlichen Funktionen ausübt (z. B. einiger Holdinggesellschaften), oder wenn sich die im Rahmen der Gestaltung ausgeübten Tätigkeiten gegenseitig aufheben oder ausgleichen oder zu einer Zustand führen, der demjenigen vor der Durchführung der Transaktionen ähnelt (oder andere ähnliche Merkmale aufweisen).

 

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. h – die Gestaltung hat zum Gegenstand grenzüberschreitende Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen, die als abzugsfähige Betriebsausgaben zu behandeln sind, soweit im Staat des Wohnsitzes, des Sitzes oder der Geschäftsleitung des Empfängers:
- keine Körperschaftsteuer erhoben wird bzw. eine Körperschaftsteuer zu einem Steuersatz von 0% oder weniger als 5 % erhoben wird,
- diese Zahlungen vollständig von der Steuer befreit sind oder der steuerlichen Präferenzregelung unterliegen.

Dieses Kennzeichen gilt für grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Es zielt darauf ab, künstliche Steuervorteile zu beseitigen, die sich aus Zahlungen zwischen verbundenen Unternehmen in die Länder mit niedrigem Steuerniveau ergeben.

Es ist daran zu erinnern, dass für die Erfüllung dieses Kennzeichens keine Zahlungen an Länder mit schädlichem Steuerwettbewerb geleistet werden müssen.

 

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. i – der Nutzer hat sich verpflichtet, im Falle der Umsetzung der Gestaltung mit dem Intermediär, der die Gestaltung bereitgestellt hat, zusammenzuarbeiten oder dem Intermediär eine Vergütung bzw. einen Ausgleich zu zahlen.

Dieses allgemeine Kennzeichen gilt für den Fall, in dem sich der Nutzer verpflichtet hat, bei der von ihm konzipierten und bereitgestellten Gestaltung weiterhin mit dem Intermediär zusammenzuarbeiten oder dem Intermediär eine Vergütung bzw. einen Ausgleich zu zahlen, wenn der Intermediär an der weiteren Umsetzung der Gestaltung nicht beteiligt war.

 

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. j – der Intermediär oder Nutzer erfüllt tatsächlich eine der unter Buchst. b und c genannten Verpflichtungen.

Das vorletzte der definierten allgemeinen Kennzeichen liegt vor, wenn es im Vertrag keine ausdrückliche Grundlage für die Zahlung eines Erfolgshonorars gibt, jedoch zahlt der Nutzer eine solche Vergütung in irgendeiner Form an den Intermediär aufgrund des Eintritts eines Steuervorteils (und dessen Höhe). Dieses Kennzeichen liegt auch dann vor, wenn der Intermediär die erhaltene Vergütung tatsächlich zurückerstattet, weil der Steuervorteil nicht oder geringer als ursprünglich angenommen entstanden ist.

 

Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. k  – auf der Grundlage der vorliegenden Umstände sollte davon ausgegangen werden, dass ein vernünftig handelnder Intermediär oder Nutzer, für den die in diesem Abschnitt vorgesehenen Verpflichtungen nicht gelten würden, möchte, dass mindestens eine der unter den Buchstaben a bis c genannten Verpflichtungen tatsächlich erfüllt wird.

Das letztgenannte allgemeine Kennzeichen findet Anwendung, wenn in dem Vertrag zwischen dem Intermediär und dem Nutzer keine klare Grundlage für die Zahlung oder Rückerstattung der Vergütung (des Erfolgshonorars) oder die Wahrung besonderer Vertraulichkeit in der Beziehung zwischen dem Intermediär und dem Nutzer festgelegt ist. Die Annahme, dass das Handeln beider Parteien vernünftig ist, lässt jedoch davon ausgehen, dass die sich aus dem Steuervorteil ergebende zusätzliche Vergütung gezahlt oder erstattet wird oder dass über die Art und Weise, wie der Steuervorteil erlangt wird, Stillschweigen bewahrt wird.

 

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die allgemeinen Kennzeichen von Steuergestaltungen in zwei grundlegende Kategorien unterteilt werden können:

  • Kennzeichen betreffend die Beziehung zwischen dem Nutzer und dem Intermediär, die in Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. a bis c und i bis k der Abgabenordnung definiert sind,
  • sonstige allgemeine Kennzeichen, die in Art. 86a § 1 Nr. 6 Buchst. d bis h der Abgabenordnung definiert sind.

Es ist jedoch erwähnenswert, dass diese Unterscheidung nur einen Ordnungscharakter hat.

 

Wie können Sie überprüfen, ob eine Gestaltung ein allgemeines Kennzeichen aufweist?

Die Orientierung auf dem Gebiet der Meldung von Steuergestaltungen und die Kenntnis der Besonderheiten von Kennzeichen (allgemeinen, aber auch spezifischen und sonstigen spezifischen) erleichtern die Ermittlung, ob eine bestimmte Gestaltung eine Steuergestaltung darstellt und der Meldepflicht an den Leiter der Landesfinanzverwaltung unterliegt.

Es ist zu bedenken, dass selbst die grundlegendsten Tätigkeiten, die im Wirtschaftsverkehr durchgeführt werden, z. B. der Abschluss eines Darlehensvertrags, eine Steuergestaltung darstellen können. Daher lohnt es sich, den Steuergestaltungen eine angemessene Aufmerksamkeit zu schenken. Um zu überprüfen, ob eine bestimmte Gestaltung ein allgemeines Kennzeichen aufweist, ist es notwendig, die Bestimmungen der Abgabenordnung sorgfältig zu analysieren. Um den Steuerpflichtigen das Verständnis dieser Leitlinien zu erleichtern, hat das Finanzministerium am 31. Januar 2019 steuerliche Erläuterungen veröffentlicht, die den Steuerpflichtigen helfen sollen, zu verstehen, wann ein bestimmtes Kennzeichen als erfüllt gelten kann.

Angesichts fehlender Interpretationen und Urteile zur MDR und der schwerwiegenden Folgen für Steuerpflichtige für Nichteinhaltung der Meldepflicht lohnt es sich, sich von einem erfahrenen Steuerberater beraten zu lassen.