- Wie ist die derzeitige Praxis der polnischen Steuerverwaltung im Bereich der Berichtigung des Mehrwertsteuersatzes?
- Welche Chancen ergeben sich für Steuerpflichtige aus dem EuGH-Urteil vom 21. März 2024 (C 606/22)?
- Was muss nachgewiesen werden, damit die Berichtigung der Mehrwertsteuer beim B2C-Verkauf möglich ist?
Davon lesen Sie in diesem Beitrag.
Der Gerichtshof der Europäischen Union entschied in seinem Urteil vom 21. März 2024 (Az. C 606/22), dass ein Unternehmer im Lichte der EU-Vorschriften das Recht hat, den Verkauf zu berichtigen, der mit einem zu hohen Mehrwertsteuersatz besteuert wurde – auch wenn ein solcher Verkauf an Verbraucher (im Rahmen von B2C) getätigt wurde und der Umsatz vom Verkäufer durch einen Kassenbon belegt wurde.
Warum war die Berichtigung der überhöhten Mehrwertsteuer Gegenstand eines Rechtsstreits mit Steuerverwaltung?
Das analysierte Urteil wurde in der Rechtssache eines Fitnessstudios erlassen, das im Einklang mit der ungünstigen Auslegungslinie der Steuerverwaltung Mehreintrittskarten zu einem Mehrwertsteuersatz von 23 % verkaufte.
Nachdem der polnische Finanzminister eine allgemeine Auslegung erlassen hatte, die die Besteuerung von Mehreintrittskarten zum Mehrwertsteuersatz von 8 % zuließ, beantragte der Steuerpflichtige bei der Steuerbehörde eine Mehrwertsteuererstattung.
Bisher erlaubten es Steuerbehörden in Polen nicht, dass ein Steuerpflichtiger einen überhöhten Mehrwertsteuersatz berichtigt, nachdem er einen Verkauf an einen Verbraucher getätigt hat, der einen Kassenbon erhalten hat. Aus praktischen Gründen konnte der Käufer keine Rückerstattung bekommen, die sich aus dem Kaufpreis von Waren oder Dienstleistungen ergab, der aufgrund eines zu Unrecht angewendeten Mehrwertsteuersatzes überhöht war. Nach Auffassung der polnischen Steuerbehörden würde die Berichtigung des Verkaufs in einer solchen Situation zu einer „ungerechtfertigten Bereicherung” des Verkäufers führen.
Der EuGH wies darauf hin, dass ein Unternehmer, der einen zu hohen Mehrwertsteuersatz anwendet, trotz der Struktur der Mehrwertsteuer, bei der die Steuerlast auf den Endverbraucher abgewälzt wird, einen Verlust im Zusammenhang mit einem Rückgang des Absatzes oder der Gewinnspanne erleiden kann. Ein solcher Verkäufer befindet sich zweifellos in einer nachteiligen Situation, insbesondere im Vergleich zu den Steuerpflichtigen, die von Anfang an die Abrechnungsgrundsätze anwenden, die es ihnen ermöglichen, einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz anzuwenden.
Der Gerichtshof behauptete, dass sich die Steuerverwaltung nur dann auf eine ungerechtfertigte Bereicherung berufen kann, nachdem sie eine wirtschaftliche Analyse durchgeführt hat, und nicht automatisch, nur aufgrund der Tatsache, dass der Verkauf durch einen Kassenbon belegt wurde.
Eine solche Praxis der polnischen Steuerverwaltung verstößt nach Auffassung des Gerichtshofs gegen den Grundsatz der steuerlichen Neutralität, den Grundsatz der Effektivität und den Grundsatz der Gleichbehandlung.
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Wie kann sich das EuGH-Urteil auf Mehrwertsteuerabrechnungen polnischer Steuerpflichtiger auswirken?
Das Urteil bietet eine echte Chance, die überhöhte Mehrwertsteuer erstattet zu bekommen, die von den Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit dem Verkauf an Verbraucher gezahlt und durch Kassenbons belegt wurde. Die Entscheidung kann ein wirksames Argument für Verkäufer sein, die in Bezug auf die Mehrwertsteuerberichtigung in einen Rechtsstreit mit der Steuerbehörde geraten. Es ist jedoch zu beachten, dass der Steuerpflichtige – gemäß den Leitlinien des EuGH – eindeutig nachweisen sollte, dass er aufgrund der Anwendung eines unrichtigen Mehrwertsteuersatzes einen finanziellen Verlust erlitten hat und die Steuer für ihn nicht neutral war.
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