In diesem Beitrag beantworten wir folgende Fragen:
- Muss der Erwerb von Verwaltungsdienstleistungen „erforderlich” oder „zweckmäßig” sein, um darauf die Vorsteuer abziehen zu können?
- Wie wichtig ist die geeignete Methode zur Dokumentation der Umsätze und ihres Zusammenhangs mit der wirtschaftlichen Tätigkeit bei einem Rechtsstreit über das Recht auf Vorsteuerabzug?
Am 12. Dezember 2024 hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ein wichtiges Urteil in der Rechtssache erlassen, in der es um das Recht auf Vorsteuerabzug der Steuerpflichtigen ging, die Dienstleistungen von verbundenen Unternehmen erwerben (Az. C 527/23). Dieses Urteil ist von besonderer Bedeutung für Unternehmen, die von Dienstleistungen profitieren, die von anderen Unternehmen innerhalb derselben Unternehmensgruppe erbracht werden.
Erwerb der Dienstleistungen von verbundenen Unternehmen durch Konzerngesellschaften
Der Fall, der mit einem für Steuerpflichtige günstigen Urteil des EuGH endete, betraf das rumänische Unternehmen Weatherford Atlas Gip, das zur auf Dienstleistungen im Erdölsektor spezialisierten Unternehmensgruppe Weatherford gehört. Weatherford Atlas Gip übernahm (auch rumänische) Foserco SA, die Hilfsdienstleistungen zur Förderung von Erdöl und Erdgas erbrachte.
In den Jahren 2015-2016 erbrachte Foserco Bohrdienstleistungen für OMV Petrom und Petrofarc. Um diese Dienstleistungen erbringen zu können, hatte Foserco von Unternehmen der Weatherford-Gruppe allgemeine Verwaltungsdienstleistungen erworben, insbesondere im Zusammenhang mit IT, Personalwesen, Marketing, Buchhaltung und Beratung.
Diese Dienstleistungen wurden von außerhalb Rumäniens ansässigen Unternehmen der Weatherford-Gruppe erbracht. Auf sie wurde die Umkehrung der Steuerschuldnerschaft angewandt.
Wichtig ist, dass auch andere Unternehmen der Gruppe ebenfalls von diesen Verwaltungsdienstleistungen profitiert haben.
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Rechtsstreit um das Recht auf Vorsteuerabzug und Bescheid der rumänischen Finanzverwaltung
2019 leitete die rumänische Finanzverwaltung eine Außenprüfung ein, aufgrund deren sie das Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer versagte, die Foserco für die von den Unternehmen der Weatherford-Gruppe erworbenen Verwaltungsdienstleistungen als Vorsteuer entrichtet hatte.
Nach Auffassung der rumänischen Finanzbehörde hatte der Steuerpflichtige kein Recht auf Vorsteuerabzug, weil er kein Dokument vorgelegt hatte, um den Zusammenhang zwischen den erworbenen Dienstleistungen und seiner wirtschaftlichen Tätigkeit nachzuweisen. Aus den vorgelegten Dokumenten ging weder die Art der erbrachten Dienstleistungen noch die Identität der Personen, die diese Dienstleistungen erbracht hätten, noch der Zeitraum, in dem sie erbracht worden seien, hervor. Darüber hinaus ginge es nach Ansicht der Behörde aus den Dokumenten nicht hervor, ob die erworbenen Dienstleistungen für das Unternehmen erforderlich gewesen seien.
Der Rechtsstreit ging an das rumänische Regionalgericht, das Zweifel hatte, ob das Recht auf Vorsteuerabzug nach der Mehrwertsteuerrichtlinie auf der Grundlage einer subjektiven Beurteilung der Finanzverwaltung hinsichtlich der Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit des Erwerbs solcher Dienstleistungen versagt werden könne, die im vorliegenden Fall von der Finanzverwaltung vorgenommen wurde, obwohl die Kosten für die an Foserco erbrachten Dienstleistungen ordnungsgemäß unter allgemeinen Aufwendungen dieses Steuerpflichtigen berücksichtigt wurden.
Welche Bedeutung hat das Urteil des europäischen Gerichtshofs für Steuerpflichtige?
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat sich erneut auf die Seite der Steuerpflichtigen gestellt und der subjektiven Verweigerung des Rechts auf Vorsteuerabzug durch die Finanzbehörden nicht zugestimmt.
Der europäische Gerichtshof betonte, dass beide Faktoren, die von der Finanzverwaltung bei der Prüfung berücksichtigt wurden – also sowohl die Tatsache, dass Verwaltungsdienstleistungen an viele Begünstigte gleichzeitig erbracht werden, als auch die Unsicherheit, ob der Erwerb von Verwaltungsdienstleistungen erforderlich oder zweckmäßig war – für das Recht auf Vorsteuerabzug unerheblich erscheinen.
Die Mehrwertsteuerrichtlinie macht die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug nicht von dem Kriterium der wirtschaftlichen Rentabilität des Eingangsumsatzes abhängig.
Das Urteil des EuGH ist somit wichtig für Steuerpflichtige, die innerhalb von Unternehmensgruppen tätig sind und Dienstleistungen von verbundenen Unternehmen erwerben. Obwohl es im rumänischen Fall erlassen wurde, ist es für alle EU-Mitgliedstaaten einschließlich der polnischen Finanzbehörden verbindlich.
Das EuGH-Urteil gilt als eine Bestätigung für Steuerpflichtige, dass das Recht auf Vorsteuerabzug nicht davon abhängt, ob die Dienstleistungen nur an ein oder an mehrere Unternehmen der Gruppe erbracht werden. Am wichtigsten bleibt immer noch die Tatsache, dass die Dienstleistungen tatsächlich (auch indirekt) für die Tätigkeit des erwerbenden Unternehmens erbracht und verwendet wurden.
Werden Verwaltungsdienstleistungen, die von Unternehmen der Gruppe erbracht werden, für die Zwecke ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit verwendet, sollten die Finanzbehörden den Unternehmern das Recht auf Vorsteuerabzug nicht verweigern.
In Bezug auf den oben diskutierten Fall kann noch eine weitere wichtige Schlussfolgerung gezogen werden: Relevant für den Vorsteuerabzug auf Verwaltungsdienstleistungen ist die Dokumentation der Transaktionen mit verbundenen Unternehmen und ihres Zusammenhangs mit der wirtschaftlichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen. Hätte der rumänische Steuerpflichtige über eine Dokumentation verfügt, mit der die von der Finanzbehörde in Frage gestellten Beweise bestätigt worden wären, wäre der Fall wahrscheinlich nicht vor den EuGH gelangt, sondern eher mit der Außenprüfung (und nämlich mit ihrer positiven Entscheidung für Foserco) abgeschlossen worden.
Die Praxis der Experten von RSM Poland zeigt, dass Finanzbehörden die Methoden der Abrechnung von Dienstleistungen zwischen verbundenen Unternehmen ziemlich oft in Frage stellen. Um einen Rechtsstreit zu vermeiden, ist es am wichtigsten, die Umsätze ordnungsgemäß zu dokumentieren, um das Recht auf Vorsteuerabzug nachzuweisen. Daher lohnt es sich, bereits in den frühen Phasen der Transaktion eine professionelle Steuerberatung in Anspruch zu nehmen.