• Ergeben sich sonstige spezifische Kennzeichen aus DAC6?
  • Kann das Vorliegen eines sonstigen spezifischen Kennzeichens zu einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung führen?
  • Können Vereinfachungen bei Verrechnungspreisen, die sich aus den Leitlinien der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung ergeben, als spezifische Kennzeichen der Steuergestaltungen angesehen werden?

Davon lesen Sie in diesem Beitrag.

Welche Rolle spielen Kennzeichen in einer Steuergestaltung?

Nach der Definition in der Abgabenordnung (AO-PL) ist eine Steuergestaltung eine Gestaltung, die:

  1. ein allgemeines Kennzeichen aufweist und den Main-Benefit-Test erfüllt (die beiden Voraussetzungen müssen zusammen erfüllt werden),
  2. ein  spezifisches Kennzeichen aufweist (in diesem Fall muss die Gestaltung nicht einmal den Main-Benefit-Test erfüllen),oder
  3. ein sonstiges spezifisches Kennzeichen aufweist (wodurch sie auch von der Notwendigkeit befreit ist, den Main-Benefit-Test zu erfüllen).
     

Es ist daher wichtig zu wissen, dass der polnische Gesetzgeber in der Abgabenordnung viel mehr als nur die allgemeinen und spezifischen Kennzeichen von Steuergestaltungen definiert hat, die in der DAC6-Richtlinie angegeben sind.

 

Was sind sonstige spezifische Kennzeichen und sind sie auch in DAC6 genannt? 

Bei der Umsetzung der DAC6-Richtlinie in das polnische Rechtssystem beschloss der Gesetzgeber,  mehrere zusätzliche Kennzeichen, die in der EU-Richtlinie nicht angegeben sind, in die Abgabenordnung aufzunehmen. Weist sie Gestaltung eines dieser Kennzeichen auf, dann entsteht – gemäß den polnischen Vorschriften – die Meldepflicht – MDR.

Eine Gruppe von zusätzlichen Kennzeichen sind sog. sonstige spezifische Kennzeichen, die in Art. 86a § 1 Nr. 1 AO-PL genannt wurden.  

Sonstige spezifische Kennzeichen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Mitteilungspflicht von der Überschreitung bestimmter Schwellenwerte abhängt.

Wichtig ist, dass im Falle einer Steuergestaltung, die ein sonstiges spezifisches Kennzeichen aufweist (so wie im Falle einer Steuergestaltung, die ein spezifisches Kennzeichen aufweist), diese Steuergestaltung den Main-Benefit-Test nicht erfüllen muss.

Es ist auch daran zu erinnern, dass sonstige spezifische Kennzeichen eine innerstaatliche Steuergestaltung bilden werden.

Welche sonstige spezifische Kennzeichen gibt es?

Der polnische Gesetzgeber hat vier sonstige spezifische Kennzeichen unterschieden.

Art. 86a § 1 Nr. 1 Buchst. a die Auswirkung der Gestaltung auf die latente Steuer bzw. aktive oder passive latente Steuer, die aus der Durchführung der Gestaltung bei dem Nutzer resultiert bzw. in Zusammenhang damit zu erwarten ist, für den jeweiligen Rechtsträger im Sinne der Rechnungslegungsvorschriften erheblich ist und im Laufe des Kalenderjahres 5.000.000 PLN übersteigt.

Im Falle dieses Kennzeichens muss der Steuerpflichtige analysieren, wie sich die Gestaltung auf die latente Steuer bzw. aktive oder passive latente Steuer des Nutzers auswirkt.

Es ist zu beachten, dass nach der Abgabenordnung die beiden Voraussetzungen gemeinsam erfüllt werden müssen. Das bedeutet, dass die Auswirkung der Gestaltung auf die latente Steuer, die aus der Durchführung der Gestaltung resultiert bzw. in Zusammenhang damit zu erwarten ist, im Sinne der Rechnungslegungsvorschriften für den Nutzer erheblich sein und im Laufe des Kalenderjahres insgesamt 5.000.000 PLN übersteigen muss.

Art. 86a § 1 Nr. 1 Buchst. b – der Einkommensteuerzahler/Körperschaftsteuerzahler wäre verpflichtet, die im Laufe des Kalenderjahres 5.000.000 PLN übersteigende Steuer zu erheben, falls in Bezug auf die Auszahlung der Forderungen, die aus der Durchführung der Gestaltung resultieren bzw. in Zusammenhang damit zu erwarten sind, die entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen oder Steuerbefreiungen nicht anzuwenden wären.

Dieses Kennzeichen liegt vor, wenn die hypothetische Steuer, die ein Steuerzahler erheben würde, im Laufe des Kalenderjahres 5.000.000 PLN übersteigen würde, falls die entsprechenden Doppelbesteuerungsabkommen oder Steuerbefreiungen nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften nicht anzuwenden wären.

Um zu überprüfen, ob dieses Kennzeichen vorliegt, muss die hypothetische Steuer berechnet werden, die vom Steuerzahler zu erheben wäre.

Art. 86a § 1 Nr. 1 Buchst. c – die Einkünfte (Einnahmen) eines steuerlich nicht ansässigen Steuerpflichtigen im Sinne des Einkommensteuergesetzes bzw. Körperschaftsteuergesetzes, die aus der Durchführung der Gestaltung resultieren bzw. in Zusammenhang damit zu erwarten sind, übersteigen im Laufe des Kalenderjahres insgesamt 25.000.000 PLN.

Dieses sonstige spezifische Kennzeichen liegt vor, wenn die Einkünfte (Einnahmen) eines Nichtansässigen in dem jeweiligen Kalenderjahr 25.000.000 PLN überstiegen haben.

Um zu prüfen, ob dies geschehen ist, müssen alle gezahlten oder erwarteten Einkünfte (Einnahmen) summiert werden, die ein bestimmter Nichtansässiger in einem Kalenderjahr erzielt hat (und erzielen wird). Diese Einkünfte werden unabhängig von ihrer Art summiert.

Wichtig ist, dass nur die Einkünfte (Einnahmen) eines Nichtansässigen, für die in Polen eine beschränkte Steuerpflicht entsteht (wie z. B. Zinsen, Dividenden) zu summieren sind. Das bedeutet, dass bei diesem spezifischen Kennzeichen die Warengeschäfte nicht summiert werden.

Art. 86a § 1 Nr. 1 Buchst. d – die Differenz zwischen der polnischen Einkommensteuer/Körperschaftsteuer, die in Zusammenhang mit der Durchführung der Gestaltung von einem Nutzer ohne Sitz, Wohnsitz oder Geschäftsführung auf dem Gebiet der Republik Polen zu zahlen wäre, falls er ein in Polen steuerlich ansässiger Steuerpflichtiger im Sinne des Einkommensteuergesetzes bzw. Körperschaftsteuergesetzes wäre, und der tatsächlich in dem Staat des Sitzes, Wohnsitzes, Geschäftsführung des Nutzers in Zusammenhang mit der Durchführung der Gestaltung zu zahlenden Einkommensteuer/Körperschaftsteuer übersteigt im Laufe des Kalenderjahres insgesamt 5.000.000 PLN.

Das letztgenannte sonstige spezifische Kennzeichen gilt für den Fall, wenn die Differenz zwischen:

  • der polnischen Einkommensteuer/Körperschaftsteuer, die in Zusammenhang mit der Durchführung der Gestaltung von einem Nutzer ohne Sitz, Wohnsitz oder Geschäftsführung auf dem Gebiet der Republik Polen zu zahlen wäre (und auf eine solche Weise berechnet würde, falls der Nutzer Steuerpflichtiger wäre) und 
  • der tatsächlich in dem Staat des Sitzes, Wohnsitzes, oder der Geschäftsführung des Nutzers in Zusammenhang mit der Durchführung der Gestaltung zu zahlenden Einkommensteuer/Körperschaftsteuer

im Laufe des Kalenderjahres insgesamt 5.000.000 PLN übersteigt.

Um zu überprüfen, ob dieses sonstige spezifische Kennzeichen vorliegt, ist die hypothetisch berechnete Steuer, die in dem jeweiligen Kalenderjahr von dem Nutzer im Zusammenhang mit der bestimmten Gestaltung gezahlt würde, zu summieren.

 

Zusätzliche polnische Kennzeichen können Meldepflichten für Steuergestaltungen erheblich erschweren

Wie man sieht, erfordert die Überprüfung sonstiger spezifischer Kennzeichen, die von dem polnischen Gesetzgeber eingeführt wurden, die Erstellung von Berechnungen einschließlich der Höhe der hypothetischen Steuer, die zu Problemen führen und es den Unternehmen erschweren können, potenzielle Steuerrisiken zu identifizieren. Daher empfehlen wir allen in Polen tätigen Unternehmern, die sicher sein wollen, dass sie die ihnen durch das Gesetz auferlegten Meldepflichten im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ordnungsgemäß erfüllen, die Dienste der Steuerberater in Anspruch zu nehmen, die mit den lokalen Regelungen gut vertraut sind.