In diesem Beitrag beantworten wir folgende Fragen:
- Welche Regeln gelten für die Besteuerung von Schenkungen?
- Muss der Steuerpflichtige auch die Steuer auf die widerrufene Schenkung zahlen?
Es kommt vor, dass Finanzämter kompromisslos und aggressiv ihren fiskalfreundlichen Ansatz verfolgen. Ein Beispiel dafür ist die Geschichte einer Steuerpflichtigen, die wegen einer erhaltenen und dann widerrufenen Schenkung einen Streit mit der Finanzverwaltung hatte. Wie endete der Gerichtsstreit mit den Beamten, die behaupteten, dass in diesem Fall eine Steuerpflicht entstanden sei?
Grundsätze der Besteuerung von Geldschenkungen
Erinnern wir uns: Bei Geldschenkungen liegt die Steuerpflicht beim Beschenkten. Ob er die Steuer zahlt, hängt von dem Wert der Schenkung und dem Verhältnis zwischen ihm und dem Schenker ab.
Das Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz unterscheidet drei Steuerklassen:
- Steuerklasse I – dazu gehören nächste Angehörige. Im Falle dieser Klasse beträgt der Steuerfreibetrag 36.120 PLN. Beim Mehrwert wird die Schenkung besteuert (wobei es auch möglich ist, von der Besteuerung einer Geldschenkung vollständig befreit zu werden);
- Steuerklasse II – dazu gehören entfernte Verwandte. Im Falle dieser Klasse beträgt der Steuerfreibetrag 27.090 PLN. Beim Mehrwert wird die Schenkung besteuert.
- Steuerklasse III – dazu gehören alle anderen Schenkungsempfänger. Sie müssen Steuer zahlen, wenn der Wert der Schenkung von einer Person 5.733 PLN überschreitet.
Der Schenkungssteuersatz (und die Art und Weise, wie die Steuer berechnet wird) hängt auch von dem Verwandtschaftsverhältnis zwischen dem Beschenkten und dem Schenker ab. Die Schenkung wird nach dem progressiven Stufentarif besteuert, wobei die Höhe der Besteuerung von dem Wert der Schenkung abhängt. Die günstigsten Steuersätze sieht der Gesetzgeber für Steuerpflichtige vor, die mit dem Schenker nah verwandt sind.
Wenn die Schenkung von einer nicht verwandten Person getätigt wird, muss der Beschenkte eine Steuer von 20 % auf den Überschuss über 20.556 PLN zahlen.
Die Steuersätze sind also hoch und wie das Beispiel des unten geschilderten Falles zeigt, legen die Finanzbehörden die Vorschriften äußerst ungünstig für Steuerpflichtige aus.
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Steuer auf widerrufene Schenkung – Ansatz des Finanzamtes
Der Fall, der Thema dieses Beitrags ist, betrifft eine Steuerpflichtige, die sich um eine ältere Person kümmert, mit der sie in keiner Weise verwandt ist. Diese Person, die im Zusammenhang mit der sog. Reprivatisierung eine Entschädigung erhalten hatte, beschloss, sich der Steuerpflichtigen für ihre Pflege erkenntlich zu zeigen und den erhaltenen Betrag mit ihr zu teilen.
Als Ergebnis erhielt die Steuerpflichtige eine Schenkung in Höhe von 1.200.000 PLN. Nachdem sie diese erhalten hatte, meldete sie sie beim Finanzamt, wodurch eine Steuerschuld aus der Erbschaft- und Schenkungssteuer in Höhe von mehr als 200.000 PLN entstand. Leider wurde die Schenkung durch einen unglücklichen Zufall widerrufen. Es stellte sich heraus, dass die von der Stadt im Zusammenhang mit der Reprivatisierung erhaltene Entschädigung zurückgezahlt werden sollte. Darauf hingewiesen, gab die Steuerpflichtige die zuvor empfangene Schenkung an die ältere Person zurück, von der sie sie erhalten hatte. Um die Zahlung der zuvor berechneten Steuer zu vermeiden, meldete sie den Widerruf der Schenkung dem Finanzamt und fügte eine schriftliche Erklärung und einen Ausdruck der Überweisung bei, in dem die Rückzahlung des gesamten Betrags, der die erhaltene Entschädigung darstellt, auf das Konto der Stadtverwaltung dokumentiert wurde.
Die Beamten entschieden jedoch, dass der Erhalt einer Schenkung eine Steuerpflicht begründet. Und sie legten die Vorschriften auf der Grundlage eines Ansatzes aus, den man umgangssprachlich als „So ist es und Schluss” bezeichnen kann.
Nach Angaben des Finanzamts Warszawa beseitigt die Tatsache, dass die Schenkung in diesem Fall zurückgegeben werden musste, in keiner Weise die Notwendigkeit, die Steuer zu zahlen. Die Beamten achteten nicht darauf, dass die Steuerpflichtige nach diesem Ansatz die Steuer auf das Geld zahlen müsste, die sie tatsächlich nicht besaß, weil sie es nur für einen Moment erhielt und nach kurzer Zeit aus Gründen, die sie nicht zu vertreten hatte, zurückgeben musste.
Widerrufene Schenkung und Notwendigkeit der Steuerzahlung – Standpunkt des Gerichts
Zum Glück für die Steuerpflichtige stellten sich sowohl das Woiwodschaftsverwaltungsgericht Warszawa (Urteil vom 6. April 2023, Az. III SA/Wa 1989/22) als auch das Oberste Verwaltungsgericht (Urteil vom 7. August 2024, Az. III FSK 1148/23) auf ihre Seite.
Die Gerichte haben zu Recht entschieden, dass eine Situation, in der die Beschenkte die Steuer auf den Betrag zahlen müsste, der nicht ihre Vermögenszuwendung darstellt, gegen die ratio legis des Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzes und gegen die Verfassungsgrundsätze des demokratischen Rechtsstaates und der Verhältnismäßigkeit verstoßen würde. Nach Auffassung der Gerichte wäre die Annahme einer wörtlichen Auslegung in dem Streitfall und die Berechnung der Steuer trotz des Fehlens einer endgültigen Zuwendung für die Steuerpflichtige nicht nur offensichtlich ungerecht, sondern hätte auch ähnliche Auswirkungen wie eine teilweise Einziehung von Vermögen.
Die geschilderte Geschichte ist ein Beispiel dafür, wie absurd und steuerzahlerunfreundlich die Mitarbeiter des Finanzamtes die Vorschriften auslegen können und wie schwierig es wäre, dafür ein Allheilmittel zu finden, wenn es im polnischen Rechtssystem keine unabhängigen Gerichte gäbe. Einmal mehr bekommen wir den Beweis dafür, dass es sich immer lohnt, für seine Rechte zu kämpfen – vor allem, wenn so große Geldsummen auf dem Spiel stehen.